Billy Idol: Rebell mit Baby-Face


Weißblondes Stachelhaar, ein entblößter Oberkörper, die geballte Faust. Ketten, Nieten – und dann dieser animalische Blick! Rebel Yell, so das vollmundige Motto des letzten Cover-Motivs, verdrängte unlängst den braven Footloose-Soundtrack von der Top-Position der US-Charts. Ein zweiter Frühling für einen Mann, den man eigentlich schon abgehakt hatte.

Blenden wir zurück. Im Herbst 1976 verläßt Bassist Tony James die Punk-Formation London SS (in der auch Ex-Clash-Gitarrist Mick Jones spielte). In London trifft er den Englisch-Stipendiaten der Sussex University, William Broad, den er überredet, als Gitarrist bei der Band Chelsea einzusteigen.

Mister Broad legt sich den Künstlernamen Billy Idol zu und wechselt nach dem Weggang des bisherigen Sängers ans Mikro über. James und Idol holen sich einen neuen Gitarristen (Derwood) und geben Ende 76 mit John Towe (Drums) im Londoner „Nashville“ als Vorgruppe der Stranglers ihr Bühnendebüt. Der Name der Band: Generation X (der Titel stammt aus einem Buch über das Swinging London der 60er Jahre).

Im legendären Roxy-Club eröffnen bald auch Gruppen wie Police und Sham 69 die Abende mit Gen X, die aber mit ihrem poppigen Glamour immer im Schatten der rüden Sex Pistols blieben und von den Kritikern als Poseure abgetan wurden. Nachdem für Towe der Subway-Sect-Drummer Mark Laff gekommen ist, produziert Martin Rushent ihr erstes Album (1978).

Nach diversen personellen Umbesetzungen und zwei weiteren LPs kommt aber das schnelle Ende für Generation X, die sich zum Ende von ihren HM-Riffs trennen und dem puren Pop hingeben („Dancing With Myself“, ihre letzte Single, nahm Idol dann nochmal für eine Solo-Karriere auf). Billy verschwindet nach New York, wo er sich unter dem Management des Kiss-Mentors Bill Aucoin den eigenen Weg bahnt: „Ich brauchte eine Veränderung, um stimuliert zu werden. Und da war New York der ideale Platz.“

Es dauert auch nicht lange, da erscheint Billy Idol (1982) – ein Solo-Werk mit metallischen Ecken und treibenden Rock-Linien. Ein Song wie „Hot In The City“ besitzt ähnlichen Charme wie Marc Bolans „Hot Love“, während „Come On“ aus dem Bauch Gary Glitters stammen könnte. Das Cover zeigt den blonden Idol in der klassischen Verführerpose: brustfreilegende Hemdführung und leicht geöffnete Lippen.

Ein Jahr später ist dann alles klar: Zum eingangs beschriebenen Plattenhüllen-Pin-up intoniert Billy auf der LP Rebel Yell „Flesh For Fantasy“! Die von Bill Aucoin gesäte Image-Saat beginnt aufzugehen. Der harte Rebell mit dem Baby-Face will für die kommende Pop-Generation keine unbekannte Größe X mehr sein.