Black Kids


Bye-bye christlicher Rock, hallo gottloser, sexed-up Indiepop!

Reggie Youngblood, Sänger der Black Kids, dürfte derzeit der einzige werdende Indierockstar sein, der früher sein Glück in einer christlichen Rockband versucht hat. Obwohl man nach eigener Einschätzung die christliche Rockszene in seiner Heimat Jacksonville, Florida, „komplett beherrscht“ hat, hielt sich allerdings der Erfolg in Grenzen: „Wir waren schon froh, wenn unsere Freundinnen auf Konzerte gekommen sind.“ Ms er an seinem Gottesbild zu zweifeln begann und ihm, wie er erzählt, „einfach keine awesome Love-Songs über Jesus mehr eingefallen“ sind, holte er 2006 zu dem Haufen von ehemals „sehr konservativen fundamentalistischen Christen“ seine jüngere Schwester Ali und deren Freund Dawn Watley dazu. Nun geht es um gänzlich andere Themen: Fast alle der zehn Songs auf dem Debüt-Album Partie Traumatic haben ihren Ursprung „in der Leistengegend“, wie Reggie sagt. Die zehn Songs bilden ein sexed-up und mehrheitlich tanzbares elektronisches Popalbum. „Wir mögen alle 8oer-Jahre-R’n’B und Funk“, sagt er. „Dazu kommen aber noch viele sehr, sehr verschiedenartige Einflüsse. Ich nenne gewöhnlich noch Sparte, New Edition, New Order und The Smiths, aber Sachen wie Weezer und Starflyer 59 sind schon auch wichtig.“

Die Neuorientierung war in jeder Hinsicht erfolgreich: Die Band wird nun zu den vielversprechendsten Newcomern des Jahres gezählt, weshalb sie im April – und damit lange vor Veröffentlichung ihres Debüts – bereits zum prestigeträchtigen Coachella-Festival eingeladen wurde. Die erste Single „I’m Not Gonna Teach Your Boyfriend How To Dance With You“ (und vor allem der fantastische Remix der brasilianischen Knöpfchendreher The Twelves) läuft bereits in den einschlägigen Clubs. Zur nächsten (und irgendwie sonderbar nach Fleetwood Mac klingenden) Auskopplung „Hurricane Jane“ haben Rozan & Schmeltz (die Regisseure von „We Are Your Friends“ – Justice vs Simian) ein Video und MGMT einen Remix gemacht.

„Bei Pop geht es umDiebstahl“, erklärt Reggie, dessen Stimme nur beim Singen, nicht aber beim Sprechen der von Robert Smith ähnelt.

„Das geht bis zum Blues zurück Man bedient sich bei den Sachen, die alle kennen, und findet seinen eigenen Dreh. Das ist das Schöne an Popkultur. Wovon wir gestohlen haben? Wir haben immer Bands gemocht, die mühelos zwischen den Genreswechseln: Blondie, YoLa Tengo, Prince, The Magnetic Fields. Es macht mir perversen Spaß, völlig unzusammenhängende Elemente irgendwie zu verbinden. Es gibt Bands, die das besser machen als wir: CSS und Cut Copy zum Beispiel. Der besondere Dreh bei uns besteht wahrscheinlich darin, dass wir das falsch machen. Oder aus den falschen Gründen.“

Aus welchen Gründen auch immer: Im November kann man die neuerdings gottlose Musik live erleben – die Black Kids kommen dann für einige Konzerte nach Deutschland.

Black Kids Partie TRAUMATIC(Mercury/Universal)