Blanke Busen, Beat und Bonanza


Auch in Deutschland war Ende der 6oer Jahre nichts mehr wie zuvor: Die erste sozialliberale Regierung in der Geschichte der Bundesrepublik sorgte für einen grundlt genden Wandel – „Mehr Demokratie wagen“ hieß die neue Losung. Anti-Vietnam-Demonstranten, die lautstark „Ho Chi Minh“ skandierten, ließen brave Bürger ebenso erschaudern wie die wilden Töne de Beatmusik und die makellosen Rundungen der Bardot. Technische Entwicklungen krempelten das Leben der Menschen stärker um als alles andere: So rationalisierten Geräte wie der „Krups 3 Mix“ den Haushalt; Fernseher standen in fast jeder Wohnung, „Bonanza“ war sozusagen überall; die Zahl der Autos hatte sich in zehn Jahren vervielfacht und die Gesellschaft mobiler gemacht; der legendäre Plattenspieler „Mr. Hit“ eroberte die Jugendzimmer und schuf Unabhängigkeit von Vaters Musiktruhe. Transistorradios plärrten in den Freibädern, und die ersten primitiven Kassettenrecorder ermöglichten das „Tapen“. Zudem waren die Sitten erheblich lockerer geworden: Am Kiosk konnte man auf diversen Zeitschriften nackte Tatsachen sehen; die Röcke wurden immer kürzer, die Haare länger. Auch wenn’s vielen Bundesbürgern nicht paßte – 1969 war es längst zu spät, das Rad noch einmal zurückzudrehen. Dem deutschen Michel dämmerte langsam: Man tut gut daran, sich an die neue Zelt zu gewöhnen.