CD-Platten


Für eingeschworene Nostalgiker hat die PolyGram jetzt einen besonderen Schatz aus dem Schallarchiv geborgen und auf Digitalplatte wiederveröffentlicht, nämlich Ella Fitzgerald Sings George And Ira Gershwin Songbook (Verve 825 024-2). Unter den 53 Songs des 3-CD-Set mit der Spieldauer von nicht weniger als drei Stunden finden Hollywood-Fans solche Klassiker wie „’s Wonderful“, „I Got Rhythm“ und „l’ve Got A Crush On You“, die einmal die Top-Hits ihrer Tage waren. Für den rechten Nostalgie-Touch dieser Produktion von 1959 sorgt der nicht gerade bemerkenswerte Rauschabstand der Bänder; im übrigen stimmen die auf dem Cover angegebenen Spielzeiten nicht. Aber die beigefügte 40-Seiten-Broschüre macht diese Veröffentlichung zur bislang mit Abstand bestdokumentierten Pop-CD-Edition.

Fast einen Negativ-Rekord stellt dagegen die Rocker-Anthologie von Elvis Presley dar (RCA PD85182). Mit der Spieldauer von knapp 26 Minuten ist sie nach der HoneydrippersCD und Neil Youngs Everybody’s Rocking die bisher kürzeste CD überhaupt. Solche Platzverschwendung mochte man sich beim jüngsten ABC-Album dann doch nicht leisten. Die CD-Version von How To Be A Zillionaire! (Mercury 824 804-2) enthält vier Aufnahmen mehr als die LP, nämlich Maxi-Neuabmischungen, mit denen man die Spielzeit auf knapp 60 Minuten füllte.

Wer sich für diese Masse-statt-Klasse-Philosophie erwärmen kann, der sollte sich mal im CD-Laden vor dem Kauf die 20 Greatest Hits von Ray Charles (Platinum 74002) anhören. Neben den Evergreens der frühen Atlantic-Jahre findet man da auch Beatles-Einspielungen des Soul-Gründervaters – nur leider vielfach in schrecklich entzerrter, erheblich verfärbter und verrauschter Ü-Kopie-Qualität, die mit Sicherheit nichts mit den Original-Mutterbändern zu tun hat.

Fast noch ärgerlicher scheint trotzdem die CD-Veröffentlichung des Bestseller-Debüts von Whitney Houston (Arista 610 359-222). Da wurde zum Transfer auf Digitalplatte offensichtlich ein von A bis Z komplett verbrummtes Band verwendet. Da nutzte es auch nichts, daß der Brumm bei der Überspielung auf U-Matic-Tape in den Pausen zwischen den Songs ausgeblendet wurde. Technische Schlamperei läßt sich so nicht kaschieren; die CD bringt es am Ende doch an den Tag. Außerdem sind einige der Aufnahmen (z.B. Die Tracks 7 und 9) ungewöhnlich stark verrauscht kaum erklärbar bei einer Produktion jüngsten Datums, die ja nun wirklich nicht von Amateuren in einer Garage gefahren wurde.

Einen anderen (offenbar serienmäßigen) Defekt weist die CD des jüngsten Marillion-Opus Misplaced Childhood auf (EMI CDP 7 46160-2). In der französischen Fabrik des Herstellers MPO legte man die frisch mit dem Label lackierten Plättchen offenbar bedenkenlos aufeinander, so daß sich die schwarze Label-Information teilweise spiegelbildlich auf der Informationsseite wiederfindet. Das Resultat sind dann natürlich ständige große Lücken im digitalen Datenstrom, die auch die beste Fehlerkorrektur hoffnungslos überfordern. Der „Lasertanz“ führt in diesem Fall akustisch zu rasant aufeinanderfolgenden „switch“-Geräuschen. Was nutzt es da schon, daß es sich hier um eine komplett digital aufgezeichnete und abgemischte Pop-Produktion handelt, wenn man sich solche Schlampereien gestattet?!

Erfreulicheres ist aus dem deutschen PolyGram-Werk zu vermelden. Das dritte Album von Joan Armatrading, 1976 von Glyn Johns produziert und am Mischpult betreut, ist auch auf CD ein ähnlich audiophiler „Leckerbissen“ wie das Debüt der damals so jungen Dame mit der rauchigen Stimme ( A & M 393 228-2). Zu hören ist die wohl beste Begleitmannschaft, die Joan Armatrading jemals für eine Weile bezahlte, unter ihnen Gitarrist Jerry Donahue und die Schlagzeuger Dave Mattacks und Kenny Jones. Die exzellente Klangqualität entspricht exakt der Überspielung, die ich als amerikanische „Weißmuster“-Anpressung von 1976 so sorgsam all die Jahre gehütet habe. Bedauerlich nur, daß wieder mal die Texte fehlen.

Dort nämlich packt die CD-Presser die plötzliche Sparwut – selbst bei Bestsellern wie Bookends von Simon & Garfunkel (CDCBS 63101), wo man aus Kostengründen ebenfalls einfach und im Gegensatz zur LP die Texte unter den Tisch fallen läßt. Von den drei CD-Wiederveröffentlichungen des einstmals so prominenten Duos (die beiden anderen sind Wednesday Morning, 3 A.M. – CDCBS 63370 – und Parsley, Sage, Rosemary And Tyme – CDCBS 62825) ist BOOKENDS unter technischem Aspekt die relativ beste Aufnahme. Da nun mal der Hochtonbereich der analog aufgezeichneten Bänder auf Laserplatte perfekter, weil glatter reproduziert wird, rauschen diese „Oldies“ scheinbar mehr, und auf Parsley, Sage… sind Hochtonverzerrungen etwa gleich beim ersten Track nicht zu überhören (der konstante Brumm bei „Cloudy“ auch nicht). CDs bringen halt alles erbarmungslos an den Tag, auch daß Kate Bushs Hounds Of Love (EMI CDP 7 46164-2) nicht gerade von einem Tonmeister-Genie gemischt und geschnitten wurde.