CD-Platten


Eine erstaunliche Zahl publizierte kürzlich eine amerikanische Marktforschungsgesellschaft: Nicht weniger als 80 Prozent aller CD-Käufer in den USA wechseln bei ihren Lieblingsaufnahmen prompt LP gegen Digitalplättchen aus. sobald sie auf CD erschienen sind! Das sogenannte Kataloggeschäft blüht seit Einführung der Digitalscheibe plötzlich wieder prächtig, nachdem es zu Beginn der 80er Jahre in der Branche fast einmütig für mausetot erklärt worden war. Will sagen: Oldies auf CD -— von Joan Armatrading und Doors bis Steely Dan und Who -— sind richtige „Renner“ geworden.

Der Begriff „Oldie“‚ ist natürlich sehr dehnbar. Sofern man darunter Pop und Rock, Folk und Blues-Produktionen versteht, die vor 1975 aufgenommen wurden, kommt man auch hierzulande auf einen Anteil von immerhin geschätzten 40 Prozent am CD-Business. Bei manchen Firmen dürfte er noch repertoirebedingt wesentlich höher liegen, etwa beim Jazz-Label ECM. das von manchen Titeln nachträglich doppelt soviel CDs wie vordem von LPs derselben Aufnahme verkauft. Die überlegene Aufnahmequalität ist anscheinend doch ein wichtiges Kaufargument.

Unter diesem Aspekt empfehlen sich immer wieder auch Oldies wie Harry Nilssons NILSSON SCHMILSSON (RCA PCD1-5415), die Kompilation THE BEST OF THE DOORS (Elektra 960 345-2), die CADENCE CLASSICS – THEIR 20 GREATEST HITS von den Everly Brothers (Rhino Records RNCD 5258/US-Import) oder auch THEIR SATANIC MAJESTIES REQUEST (London 820 129-2) und LET IT BLEED (London 820 052-2) von den Rolling Stones.

Die Nilsson-Produktion von 1971 war insgesamt gesehen die beste Song-Kollektion, die der Pop-Maestro je veröffentlicht hat (NILSSON SINGS NEWMAN mal nicht bedacht), und überdies trotz gelegentlich höheren Bandrauschens einzelner Tracks auch technisch vorzüglich. Die in Japan gefertigte CD macht das nur einmal mehr deutlich.

Was Doors-Fans verblüffen und eventuell auch verärgern muß: Die kürzlich erschienene „BEST OF… „-Doppel-CD ist klangtechnisch gar einiges besser als die CDs mit den originalen LP-Produktionen. Der Trick dabei ist die etwas unterschiedliche Entzerrung bei der Überspielung, die bessere Präsenz und Hochtonwiedergabe bietet. Die hier vorliegenden 19 Titel sind quasi die Quintessenz des Doors-Repertoires.

Das gilt sogar mehr noch für die frühen Everly Brothers-Klassiker, die bislang auf zwei anderen (Raub?)CDs in zweifelhafter Überspielqualität zirkulierten. Bei dem auf Oldies-Reissues spezialisierten Label Rhino Records benutzte man dagegen Original-Tapes — darunter auch in echtem Stereo! Dieselbe Firma wird demnächst u.a. auch eine Yardbirds-Kollektion auf CD bringen.

Daß die genannten Stones-Oldies der späten 60er Jahre technisch entschieden besser sind als das jüngste Opus DIRTY WORK (CDCBS 86321) wird ernsthaft wohl kein Kenner bestreiten. Die Ping-Pong-Stereoeffekte von THEIR SATANIC MAJESTIES REQUEST muten zumal unter Kopfhörer immer noch wie ein —- teilweise auch etwas komischer -— Psychedelic-Trip an, und der etwas chaotische und kaum professionell zu nennende Mix (eine der frühesten Glimmer Twins-Produktionen!) ist nicht mal ohne Reiz. Hier wie auch im Fall von LET IT BLEED wurden die Original-Bänder benutzt, und die Qualität ist praktisch der sündteuren „Collection“ vergleichbar, die die Nobelplattenpresser von Mobile Fidelity Sound Lab herausgebracht hatten.

Besser gemastert als die LP wurde RUMOURS OF GLORY von Bruce Cockburn für die Digitalplatte (plane 88406). Der Klang ist um mindestens drei Klassen besser, sowohl was die Mitten als auch was die Hochtonwiedergabe gegenüber der Analogrille angeht. Die Abfolge der Songs ist anders, mit vier zusätzlichen Aufnahmen füllte man die Spielzeit auf etwas über 67 Minuten auf, und es zahlte sich hörbar aus, daß man nicht irgendeine fernere Analogkopie-Generation verwendete. Davon profitierte auch Aretha Franklins ARETHA LIVE AT FILLMORE WEST (Mobile Fidelity Sound Lab MFCD 820/Vertrieb durch Erus-Technik). Im Vergleich dazu klingt auch die deutsche LP-Pressung nachgerade besch… eiden!

Daß Live-Mitschnitte nicht akustischer Müll sein müssen, sondern überragend klingen können, wollte offenbar Joe Jackson auch in Sachen Pop wohl ein für allemal mit BIG WORLD demonstrieren (A&M 396021-2). Drei LP-Seiten füllen hier knapp eine CD. Die Doppel-LP-Version des Soundtracks zu ABSOLUTE BEGINNERS (Virgin 257 588-225) brachte man ebenfalls auf einem Plättchen bequem unter. Teurer muß das auch nicht sein.