Chuck Berry & Little Richard: London, Wembley Arena


Fats Domino mußte passen. Ein Schwächeanfall am Vortag zwang den 67jährigen Pianisten in die Knie. Die Show der drei Veteranen Fats Domino, Little Richard und Chuck Berry schien zu platzen. Von wegen. Als erstes testet Richard gleich mal quietschend das Mikro. Dann wird losgelegt. Und wie! ‚Good Golly Miss Molly‘ kommt schon früh – kein Problem für den 62jährigen: Die Stimme mag etwas holpern, aber den von ihm schon in den 50er Jahren patentierten Michael Jackson-Kiekser schafft er immer noch ohne Mühe. Die Band mit Bläsersatz und treffsicherer Rhythmussektion ist ebenfalls alles andere als arthritisch. Und spätestens nach eineinhalb Stunden und Hits wie Tutti Frutti‘, ‚Lucille‘ und ‚Bonie Moronie‘ ist klar, die Show von Little Richard ist weder Rip-off noch pure Nostalgie – selbst wenn Teilen des Auditoriums das offensichtlich lieber wäre. Es scheint, man habe Musik zum Mitgröhlen erwartet – und vermag Berrys atemberaubend zeitgemäßen Grunge-Blues nicht zu schlucken. Berry läßt sich durch das passive Publikum nicht aus dem Konzept bringen: Er bringt ‚Johnny B. Goode‘, ‚Maybelline‘ und sogar ‚My Ding-A-Ling‘ – infiziert die alten Heuler aber mit einer Aggression und synkopischen Dynamik, die manchen deutlich jüngeren Kollegen plötzlich reichlich alt aussehen läßt. Dazwischen: langsame Blues-Nummern, bei denen seine Gitarre zwischen zartem Zupfen und lärmendem Feedback pendelt. Neil Young und Chuck Berry – DAS wäre fürs nächste Mal die ideale Paarung.