Deichkind live in Erfurt


Es könnte laut werden: Die Hamburger Electro-Crew Deichkind verabschiedet sich am Ende ihrer Deutschlandtour mit einem fulminanten Live-Auftritt im beschaulichen Erfurter Stadtpark. ME-Leser Josa Mania- Schlegel war dabei.

„Bitte nehmen Sie nicht an dem Konzert teil, wenn Sie eine Abneigung gegen Federn, Vodka oder Gummiboote habe. Es könnte laut werden“- so die Worte an einem am Saaleingang angebrachten Plakat. Diese Warnung klingt nach einem Scherz, doch sie wird sich bewahrheiten, wenn Oberproll und neu integriertes Mitglied der Kinder vom Hamburger Deich Ferris MC auf einem Schlauchboot über der grölende Menge „in See stechen“ wird.Man ist es ja nun schon teilweise gewohnt, dass man schweißgebadet aus Konzerten entlassen wird, die paar Spritzer Bier fehlen meist auch nicht, aber was Deichkind am 29. Januar im Erfurter Club Stadtpark veranstalteten grenzte schon an unerhörten Verschleiß von alkoholischen Getränken. Permanent nahmen sich die MCs, um den Gründer der „Electric Super Dance Band“ Philipp Grütering, die Tanks voll Vodka, Bier und Rum vor und erfrischten die Menge. Und das war auch durchaus belebend, war man doch schon nach den ersten beiden Titeln „23 Dohlen“ und dem an dem Abend zweifach gespielten populärsten Electro-Schlager „Krawall und Remmidemmi“ sehr erschöpft.Ja, diese Norddeutschen wissen, was das Publikum von ihnen erwartet, und sie machten, wie erhofft, ihren Klischees auch alle Ehre. Auf überdimensionierten Trampolins wurde gehüpft, es gab aufwändige Masken und Aufzüge, und das Bühnenbild variierte ständig, so dass man der andauernden Reizüberflutung gar nicht mehr standhalten konnte. Man ließ sich einfach treiben, sei es nun auf einem „Hoverkraft“, in der „Metro“ oder einfach mit der „Luftbahn“- die Texte, die Bühnenshow, die Bässe – alles passte nun zusammen. Es ging hier weder um hintergründige Arrangements oder geistreiche Worte. Der Zweck war einzig und allein, sich in der adrenalinen Masse zu erleben; das Feiern, das Konsumieren, der unbedingte Drang zur Deichkind-Ekstase. Und das bis zum Limit.Der erschöpfte Pulk, „gebiert und gefedert“ und getränkt in eine saftige Mischung aus Körperflüssigkeiten und Alkohol, war allerdings später auch sichtlich erleichtert, draußen wieder festen Boden unter den Füßen zu spüren und die kühle Nachtluft zu genießen. Ob dieses Erlebnis nicht mehr als niveaulos ist? Um Deichkind an dieser Stelle zu zitieren „Kein Gott, Kein Staat! Lieber was zu saufen!“. Also, ja – niveaulos und dumm. Aber gelebt und gefühlt haben wir.

Josa Mania-Schlegel – 13.02.2009