Der geile Prince


Michael Jacksons Thron wankt und wackelt. Seine königliche Geilheit, Prince Rogers Nelson (26), attackiert an einer Front, an der das keimfreie Wunderkind nichts entgegenzusetzen hat: S.E.X. Mit schlüpfrigen Songs, die sich hart an der Grenze der Pornografie bewegen, bereitete der narzißtische Kron-Prince den US-Saubermännern schon lange schlaflose Nächte. Doch die Proteste und Radio-Boykotte bewirkten nur das Gegenteil: Heute isf Prince auf dem besten Wege, die ganze Welt mit seinem Lust-Bazillus zu infizieren? Sein erster Spielfilm "Purple Rain", der in den USA alle Rekorde schlägt, soll dafür den Nährboden scharfen. Der rote/violette Teppich zum Thron ist ausgerollt...

Er ist da. Ein warmer Sommermorgen in Eden Prairie, einer Vorstadt von Minneapolis. Vor einem undefinierbaren Lagerhaus am Flying Cloud Drive stoppt ein schwarzgekleideter Fahrer seine purpurrote Honda.

Drinnen wartet ein Fotograf. Er ist mit Assistenten und fast komplettem Studio-Equipment aus Toronto eingeflogen, um Prince für das Cover des „Rolling Stone“ zu fotografieren.

Das erste, was dem Fotografen beim Erscheinen des Prinzen auffällt, ist seine Körpergröße: Selbst in seinen 15-Zentimeter-Pfennigabsatz-Stiefeln wirkt er winzig. Er trägt einen dramatischen schwarzen Hut, ein hautenges schwarzes Hemd – natürlich bis zum Nabel geöffnet, und enge schwarze Hosen mit Rüschen von den Knien an abwärts. Er ist sorgfältig unrasiert – nur seine Backenknochen sind glattgeschoren und mit Make-up verschönt – der angesagte New Wave Penner-Look.

Er scheint irgendwas zu sagen. Wie?

Er spricht so leise, daß sich der Fotograf bis auf ein paar Zentimeter an sein Gesicht heranbeugen muß, um ihn zu verstehen. Ganz gelassen stellt er klar, daß er einverstanden ist, fürs Titelbild zu posieren. Aber auf keinen Fall für irgendwelche Seiten im Heft!

Ganz offen gesagt, will er eigentlich nicht mal die Titelseite, aber…

Der Fotograf drängt zur Eile, schildert schwärmerisch sein Konzept und verweist darauf, daß die Auftraggeber auf einem Foto vor weißem Hintergrund bestehen. Ach! Prince hatte sich eigentlich heißes Pink vorgestellt. Die Fotosession steht unter keinem guten Stern.

Man beschließt, die purpurne Honda reinzurollen, ein perfektes Requisit. Das Motorrad spielt eine zentrale Rolle in „Purple Rain“, Princes maßgeschneidertem Kino-Debüt – ein Film, der schon vor seiner Premiere so viel Über-Präsenz, so viel „top spin“ hatte, wie man das in Hollywood nennt, daß sich die Medien in Erwartung einer Bruchlandung seit Wochen daran aufgeilten, ein schadenfrohes Interview mit dem widerspenstigen Star zu führen.

Aber Prince gibt keine Interviews mehr. Dafür hat er jede Menge Ratschläge zum Thema Blickwinkel und Pose auf Lager. Der Fotograf muß sich schwer beherrschen, um ihm nicht mit dem Belichtungsmesser eins über den Schädel zu ziehen.

Mit einer Polaroid macht er schnell ein paar Test-Schnappschüsse. Prince scheint mit den Resultaten einverstanden zu sein. Er verschwindet, während der Fotograf das Licht endgültig einstellt. Ein Assistent taucht auf und konfisziert sorgfältig die sieben Polaroids.

Prince erscheint – und wirkt noch verschlossener, noch weiter weg. Er kam zu der Überzeugung, daß ihm die Einstellung nicht gefällt. Also machen sie ein anderes Polaroid, eine Aufnahme in Lebensgröße.

Prince verschwindet wieder. Aus einem Nebenraum hört der Fotograf Schlagzeug-Trommel. Dann Stille.

Nach einer halben Stunde erscheint erneut der Assistent und verkündet, daß er seinen Arbeitgeber gerade nach Haus chauffiert habe. Prince, erklärt er, sei extrem sensibel: „Es macht ihn physisch krank, wenn jemand ein Bild von ihm macht.“

Auf dem Weg nach draußen kann sich der Fotograf einen stillen Fluch nicht verkneifen. Da hängen Fotografien, viele Fotografien – Vergrößerungen, riesengroß. Alles Studien desselben weichen, ernsten Gesichtes; überall dieselbe unergründliche Sinnlichkeit, derselbe schwüle Pomp. Alles Bilder von Prince.

Wer zum Teufel ist dieser Mann überhaupt? Wie kommt’s, daß er sowohl Bruce Springsteen als auch die übermächtigen Jacksons in den US-Plattenläden weit hinter sich läßt? Welch monumentaler Größenwahn gehört dazu, den Schritt vom Rock-Video zum abendfüllenden Spielfilm zu machen einem Film, der auf den Erfahrungen seines eigenen kurzen Lebens basiert?

Das Bild, das man von dem 26jährigen Wunderkind erhält, wenn man seine Kollegen und Bekannten befragt, ist verschwommen und vage – genauso wie er es will. Owen Husney, sein erster Manager, hat einmal zu ihm gesagt: „Controversy is press.“ Und kontrovers ist Prince, bei all seiner betonten Distanz, mit Sicherheit.

1977 brachte Husney den Ball ins Rollen, machte seinen Protege zwei Jahre jünger und verschwieg seinen vollen Namen. Aber Prince – Prince Rogers Nelson, um genau zu sein, geboren am 7. Juni 1958 in Minneapolis – sorgte auf seine Art für Neugier. Er war in überwiegend weißer Umgebung großgeworden und konnte harten Rock n‘ Roll auf Gitarrenbasis ebensogut spielen wie schwarze Funk-Knaller. Und dann war da seine offen zur Schau gestellte, schwul-schwüle Sexualität, die sich in dickem Make-up, Mini-Slips, Wadenwärmern und so eindeutigen Songs wie „Head“ äußerte.

Aufgrund eines frappierenden Ein-Mann-Band Demobands nahmen ihn 1977 Warner Brothers unter Vertrag; es heißt, daß Prince den lukrativsten Kontrakt bekommen habe, den die Firmaje einem unbekannten Künstler anbot. („Weit über eine Million Dollar“, behauptet Husney).

Und man gewährte ihm so gut wie völlige kreative Freiheit im Studio. Er schrieb die gesamte Musik, spielte praktisch jedes Instrument, produzierte alle neun Nummern und lieferte mit FOR YOU ein Album ab, das mit einem ätherischen Gospel-Gemisch aus a capella-Stimmen (alles Prince) loslegte, mit kreischender Rock-Gitarre endete, zwischendurch beim Bums-Klassiker „Soft And Wet“ Station machte – und Gott gewidmet war!

Aber FOR YOU war kein kommerzieller Erfolg: Sechs Jahre nach ihrer Veröffentlichung bleibt die erste Prince-LP sein am wenigsten bekanntes Album.

Dann aber ging die Post ab. Seine nächsten drei Platten – PRINCE, die bahnbrechende DIRTY MIND und die noch erfolgreichere CONTROVERSY – wurden in den Staaten alle vergoldet.

Und dann, Ende 1982, kam das umwerfende „1999“, ein Doppelalbum, das sich fast drei Millionen mal verkaufte und mehr als 90 Wochen nach seiner Veröffentlichung noch immer in den US-Charts ist. Das Album strotzte geradezu vor Hits: die Titelnummer, „Delinous“ und das meisterhaft metaphorische „Little Red Corvette“.

Die kommerzielle Gleichung hatte allerdings einen unbekannten und leicht beunruhigenden Faktor: zu seinem sechsten Album PURPLE RAIN wollte Prince einen abendfüllenden Spielfilm gleichen Titels liefern. Am 1. November hatten in Minneapolis die Dreharbeiten begonnen – und die Details des Projekts waren nicht gerade dazu angetan, für gesteigertes Interesse der potentiellen Geldgeber zu sorgen. Für Regisseur Albert Magnoli war es der erste Spielfilm – die Darsteller, inklusive aller fünf Mitglieder von Princes Band, hatten keinerlei Schauspielerfahrung – das vergleichsweise schmale Budget (sieben Millionen Dollar) und der hektische Drehplan (sieben Wochen) erweckten nicht den Eindruck idealer Produktionsbedingungen. Und überhaupt, wer macht schon Filme in Minneapolis? Und noch dazu im Winter? Obendrein hieß es, das Script sei … autobiografisch?

William Blinn wußte rein gar nichts über Prince, als er vor zwei Jahren gebeten wurde, das Skript zu einem nur sehr grob konzipierten Film zu schreiben. Aber Blinn, ein sanfter Mann mittleren Alters, der schon prämiertes Glotzenfutter fürs US-TV geschrieben hatte, war nicht abgeneigt, sich für das Angebot von Princes Managementfirma Cavallo, Ruffalo and Fargnoli zu interessieren. Was stellten sich die Manager denn genau vor?

Das war unklar. Prince hatte in einem purpurnen Notizbuch Ideen notiert und eines Nachts auf Tour Steve Fargnoli erzählt: Das sei ja alles schön und gut, aber da müsse es doch noch was geben. Er wolle einen Film machen!

In einem italienischen Restaurant in Hollywood traf sich Blinn zum ersten Mal mit Prince und Fargnoli. Er wußte sofort, daß er merkwürdigen Zeiten entgegensah. „Ich habe noch nie jemanden getroffen, der sich Spaghetti mit Tomatensoße und einen Orangensaft bestellt“, erinnert er sich. „Der hat definitiv einen Sprung in der Schüssel.“

Während eines Treffens bei Prince zu Hause – einer purpurroten, aber ansonsten nicht weiter nennenswerten Angelegenheit an einem See südwestlich von Minneapolis – wurde Blinn klar, daß ein entscheidender Teil der Geschichte, die Prince zu formulieren versuchte, seinen Vater John L. Nelson betraf – einen Pianisten, der unter dem Namen Prince Rogers in den Fünfzigern in Minneapolis ein Jazz Trio geleitet hatte.

„Er war nicht sehr gesprächig, was seinen Dad angeht“, sagt Blinn. „Er hat mir einen Song seines Vaters auf dem Klavier vorgespielt und wenn er spielte oder über das Leben seines Vaters redete, wußtest du, daß er für ihn eine Schlüsselposition einnimmt. Es war, als würde er seinem eigenen Geheimnis auf die Spur kommen wollen – ein ernsthafter Versuch, sich selbst zu begreifen.

Blinn begann ein Skript namens „Dreams“ auszuarbeiten – eine düstere Geschichte in der die Eltern des Jungen (die Rolle, die Prince spielen sollte) beide tot sind, die Mutter vom Vater umgelegt, der sich daraufhin selbst das Leben nimmt. Princes Minneapolis-Musikszene war ebenfalls vertreten – und die schöne Vanity, Lead-Mieze bei Vanity 6, natürlich auch.

Blinns Geschichte begann mehr und mehr nach Princes Leben zu klingen. Nach der Trennung seiner Eltern war Prince zwischen Mutter, Vater und einer Tante hin- und hergeschoben worden und schließlich, mit 13, auf eigenen Wunsch, ins Haus einer Mrs. Bernadette Anderson gegeben worden – der Mutter seines besten Freundes. Prince und Andre Anderson teilten ein brennendes Interesse an Musik. Mit Andre (und einem jungen Schlagzeuger namens Morris Day) stellte Prince auch seine erste Band auf die Beine: Grand Central. „Die Musik“, meint Blinn, „ist für Prince Deckmantel und Schutzschild. Sie ist für ihn der Schoß seiner Mutter.“

Nachdem er die zweite Fassung des Skripts fertiggestellt hatte, bekam Blinn ein anderes Angebot und ließ das Prince-Management mit einem Skript, aber ohne Regisseur sitzen. Man wandte sich an einen jungen Regisseur, Al Magnoli mit Namen, und fragte, ob er an „Purple Rain“ Interesse habe.

Zuerst war auch der 31 jährige Magnoli nicht sonderlich begeistert. Nichtsdestotrotz traf er sich mit Bob Cavallo zum Frühstück. Cavallo fragte ihn, was das Prince-Team seiner Ansicht nach tun solle. Magnoli: „Ich sagte, ‚Ich würde das so machen …‘ und erzählte ihm auf Anhieb die ganze Geschichte. Es sprudelte einfach so raus. Ich wußte, sie hatten diese Rolle für Prince, aus dem Skript kannte ich die andere Figur, Morris, und ich wußte, daß zwischen den beiden ein Mädchen stand. Wie sollte es nun weitergehen? Ich schlug vor, Prince solle dies tun, und Morris das, und Vanity solle dieser Typ Mädchen sein und nicht jener im Skript. Und dann Mutter und Vater plötzlich hatte ich die Welt klar umrissen.

In der endügltigen Fassung von „Purple Rain“ ist die Hauptfigur (Prince) eine vielversprechende Attraktion des lokalen Musik-Clubs, wo er seine musikalischen Ambitionen auslebt, ohne sich um den Spott des Clubmanagers und die Demütigungen eines grinsend-gemeinen Konkurrenten zu kümmern, den Morris Day perfekt verkörpert.

Privat geht’s ihm trotzdem dreckig; die Eltern gehen ihm mit ihren Ehekrächen auf den Geist, den Mitgliedern seiner Band (deren musikalische Vorschläge er ignoriert) wird er zusehends fremder – und bei seinen Bemühungen um einen umschwärmten Szenen-Neuzugang namens Apollonia (der Part, für den ursprünglich Vanity vorgesehen war) wirkt er verklemmt und auf den Mund gefallen.

Als Apollonia ankündigt, bei einer Mädchengruppe einzusteigen, die Day zusammenstellt – ausdrücklich zum Zweck, Prince von seiner Position im Club zu verdrängen schlägt er (wie sein gewalttätiger Vater) die Frau, die er liebt.

Gleichzeitig hacken Morris Day und Clubmanager Billy dauernd auf seinem verletzlichen Ego herum, indem sie genau die Art von Kritik bringen,

die sich Prince auch in Wirklichkeit jahrelang anhören mußte.

(„Keiner hat Bock auf deine Musik bloß du selbst!“ meint Billy. „Du langhaarige Schwuchtel“, kreischt Day.) Patty Kotero – oder Patty Apollonia Kotero, wie sie sich seit neuestem nennt – kniet auf dem Boden ihres blitzblanken Apartments in Hollywood und wühlt in einem Haufen Cassetten. David Bowie, Eddie Murphy, Thomas Dolby – ah, da ist sie! Sie geht zur Stereoanlage und plötzlich ist der Raum voll kühler, herbstlicher Klavier-Akkorde. Es ist „Father’s Song“, ein magisches Instrumentalstück, komponiert von Princes Vater, gespielt von Prince.

Während der hektischen Dreharbeiten zu „Purple Rain“ in Minneapolis hatte Patty Schwierigkeiten, nachts Schlaf zu finden. Eines morgens um fünf, erinnert sie sich, erschien Prince an ihrer Tür. „Er sagte: ,Ich hab was für dich.‘ Ich meinte: ,Ach ja!‘ “ Sie verdreht ihre Augen zu spöttischem Mißtrauen. „Er sagte: ,Du hast doch Probleme mit dem Einschlafen. Hier.‘ Und er gab mir das Tape. Es ist besser als Milch mit Honig.“

Während die Musik läuft, gleitet ihr Blick nach oben auf ein großes, gerahmtes Foto von Prince. Man bekommt fast das Gefühl, in einer privaten Gebets-Grotte zu sein, einem kleinen Tempel des Großen Mannes.

Bis letzten Sommer war Kotero ein junges Fotomodell unter vielen in Los Angeles. Dann stieg eines Tages, am anderen Ende des Kontinents, in Minneapolis, eine Frau namens Vanity aus der für sie vorgesehenen Rolle in „Purple Rain“ aus. Niemand möchte sich darüber auslassen, warum sie gegangen ist – die Gerüchte sprechen von Geld Ego und der dahingegangenen Beziehung zum Star des Films.

Es war Patty, die als Ersatz gefunden wurde. Zur Besetzung der Rolle brauchte man eine Frau, die bestimmte Voraussetzungen erfüllte, einige davon körperlicher Natur. Auch wenn sie persönlich herzlicher und beträchtlich normaler ist als Vanitys Vorgabe, sind die beiden Frauen, was den optischen Aspekt ihrer Rolle angeht, ohne weiteres austauschbar. Vanity/Apollonia ist ein wandelnder, feuchter Penthouse-Raum von wogenden Brüsten und raffiniert betonten Konturen – ihr Gesicht, umrahmt von rabenschwarzen Haaren, eine einzige offene Einladung.

Die Kritik wirft „Purple Rain“ vor, er sei unerträglich sexistisch. Tatsächlich sind im Film sämtliche Damen mit bemerkenswerten Dekolletes ausgestattet und tragen in vielen Fällen lediglich knappste Unterwäsche. In einer Szene muß sich Apollonia im Verlauf einer feuchten Episode an einem See erniedrigen lassen; in einer anderen Sequenz läßt Morris Day eine lästige Freundin von seinem Adjutanten Jerome schlichtweg in den Müllschlucker werfen.

Auch in Princes Band gibt es zwei Frauen – und obwohl sie sich ebenfalls darum bemühen, so viel wie möglich aus ihren Klamotten hängen zu lassen (und Prince obendrein noch eine leicht lesbische Aura ausgeheckt hat) sind sie doch primär aus musikalischen Gründen in der Band. Keyboarder Lisa Coleman und Gitarristin Wendy Melvoin, Töchter zweier Session-Veteranen (so spielten ihre Väter auf „Good Vibrations“ von den Beach Boys), weckten Princes Aufmerksamkeit, als sie bei einem ausgedehnten Jam mit dem Meister (man spielte James Browns „Body Heat“) ihre Feuertaufe bestanden.

„Der Gedanke der Integration ist Prince sehr wichtig“, sagt Lisa. „Mir und dem Rest der Band auch. Wir haben einfach Glück gehabt: die richtigen schwarzen Leute, die richtigen weißen Leute, ein paar Mädchen, wer auch immer. Er hat die Leute in seiner Band aufgrund ihrer musikalischen Fähigkeit ausgesucht, aber es ist sicher hilfreich, zwei Frauen zu haben, die auch kompetente Musiker sind.“

Bisher hat Prince seine Band hauptsächlich dazu gebraucht, die Musik, die er geschrieben und im Studio allein gespielt und produziert hatte, auf der Bühne zu reproduzieren. Wie der Junge in „Purple Rain“, erlaubt er jetzt allerdings auch anderen Musikern, etwas zu seiner Musik beizusteuern. Fünf der neun Songs auf dem neuen Album wurden von der gesamten Band aufgenommen – und bei „Computer Blue“ werden Lisa und Wendy gar als Co-Autoren genannt – bei Prince eine ganz seltene Ehre.

„Er liebt seine Leute“, sagt Apollonia. „Er kümmert sich um sie – und sie kümmern sich um ihn.“ Sie geht durchs Zimmer. In ihren schwarzen Hosen und dem schlichten weißen Oberteil wirkt sie noch hübscher als im Film. Ihre dunkle Schönheit beide Eltern wurden in Mexiko geboren – würde nur zu gut zu Prince passen. Hat sie Vanity auch in der privaten Zuneigung des kleinen Kerls abgelöst?

„Ich plaudere nicht aus dem Nähkästchen“, sagt sie gekonnt-schüchtern. „Er liebt seine Frauen, aber zuerst kommt die Musik. Er ist verheiratet mit seiner Musik. Da kannst du nicht mithalten.“

Mit seiner Musik scheint Prince in der Tat am ehesten eins werden zu können. Apollonia erinnert sich, wie sie ihn einmal im Studio gesehen hat – selbstvergessen, völlig in Klängen versunken. „Dann sieht er aus, als säße er in seinem eigenen Raumschiff, als würde er gerade in seiner eigenen Kapsel abheben, als wäre der Himmel seine einzige Grenze.“

Sie drückt eine Hand an ihr Herz. „Ich muß mich immer noch jeden Morgen kneifen und dem Herrgott danken, daß jemand an mich denkt.

Es ist schwer, so viel Macht und gleichzeitig Freunde zu haben“, grübelt William Blinn. Manche Leute… na, du kennst ja diese Anrufe um vier Uhr morgens: ‚Ich bin allein, was soll ich machen?‘ Ich glaube aber, daß Prince haargenau weiß, wie er seine Situation im Griff behält. Vielleicht macht er ja auch so einen Anruf, vielleicht ist auch er allein. Aber er weiß jedenfalls, was er will.“

Und Chris Moon, in dessen Studio Prince die ersten Karriere-Schritte machte, ergänzt: „Er muß verflucht einsam sein. Prince hinterläßt eine lange Reihe gebrochener Herzen und Egos…“