Der neue Bond


Alles geht, alles ist möglich. Wie weit man mit dieser Maxime kommen kann, zeigt Produzent Albert Broccoli seit 25 Jahren. Nach 15 Einsätzen und drei verschiedenen Darstellern bekommt sein James Bond wieder ein neues Gesicht. Timothy Dalton, 42.

Okay, er sieht ein bißchen aus wie John Travoltas älterer Bruder: besonders wenn er seine Mundwinkel spielen läßt und ein munteres Bin-ich-nicht-ein-verschlagenes-Kerkhen-Grinsen zur Schau stellt. Generell aber packt Timothy Dalton seinen neuen Job im Geheimdienst Ihrer Majestät recht ordentlich an. Vergessen der Dressman-Bond a la Roger Moore. Und selbst wenn Sean Connery der beste Bond aller Zeiten war — daß er heute zu alt dafür ist, zeigte schon, wie er im Bond-Seitensprung „Sag‘ niemals nie“ mit diesem Umstand kokettieren mußte.

Timothy Daltons Bond-Werbung war nicht einfach. Vor 15 Jahren fragte Broccoli schon mal bei ihm an. Damals lehnte Dalton ab, weil er sich für zu jung hielt. Vor acht Jahren, als Roger Moore seinen Vertrag nicht verlängern wollte, holte Broccoli als drohende Alternative Dalton aus der Tasche. Als Moore nach drei weiteren 007-Filmen endgültig in Pension ging, wurden mit verschiedenen Kandidaten Probeaufnahmen gedreht. Die Wahl fiel auf Pierce Brosnan. Titelheld der amerikanischen Fernsehserie „Remington Steele“. Brosnan kam nicht rechtzeitig aus seinem TV-Vertrag — Dalton war wieder im Gespräch. Und diesmal wurde es was.

Ohne schauspielerische Mätzchen ballert und prügelt sich Timothy Dalton durch eine wirre Geschichte, die nur mehr auf den Charakteren lan Flemings beruht. (Die Original-Vorlagen, Flemings Romane und Kurzgeschichten, waren schon alle verheizt.) Bond holt einen russischen Offizier (Jeroen Krabbe) in den Westen, der ihm dann vor der Nase gekidnappt wird. Er entgeht Attentaten in Gibraltar, Wien und Tanger und verhindert eines in Bratislava. Er forscht einer Cellistin (Maryam d’Abo) nach und findet sich schließlich mit ihr im russischen Militärlager in Afghanistan wieder. Hintermann ist der russische Offizier, der sein falsches Spiel mit allen Seiten treibt. Im Warentermingeschäft mit Waffen für die UdSSR, Opium für die USA und Diamanten für afghanische Rebellen will er dreimal absahnen.

Die Rechnung hat er natürlich ohne Bond gemacht! Dir hat die Rebellen auf seiner Seite, setzt den Turban auf und reitet gegen die Russen. Oder reitet er gegen den einen Russen, der ja eigentlich …? Und war nicht gerade noch der CIA irgendwo im Busch?

Alles dreht, alles bewegt sich. Hauptsache, die Orientierung nicht verlieren. Da ist die Schöne, die muß Bond retten. Und da ist der Böse, den muß er vernichten. Mit diesem Leitfaden läßt sich auch Bond Nr. 16 (Riege: John Glenn) schlucken, der sich zwischen den gewohnt großartigen Action-Sequenzen arg schwer tut. Neben seiner schwachen Partnerin und seinem kasperlspielenden Gegner fällt Timothy Dalton mit seiner professionellen Nüchternheit angenehm auf. Dem Neuen ist es zu verdanken, daß „Der Hauch des Todes“ haarscharf am Mundgeruch vorbeisegelt.