Der Polit Vamp


Sex-Püppchen, nein Danke! Wendy James, Sängerin von Transvision Vamp, entpuppt sich als Kämpfernatur mit Selbstbewußtsein und Polit-Engagement.

Ausnahmsweise trügt hier der erste Blick: Wendy James. Popstar und Nachwuchs-Sexsymbol blond, jung und zierlich (Eisdiele!), mit stets ein wenig belegter Stimme (Erotik!) sprechend und aus unergründlich grünen Augen (Emotion!) blickend, entspricht dem gängigen Bild der verführerischen, lasziven Pop-Diva. Doch derlei Äußerlichkeiten findet die einstige Theaterstudentin mit Berufsziel Opernsängerin eher lästig. Denn Wendy betont: „Ich bin kein dummes Sex-Symbol. Ich habe einen eigenen Kopf, den Ich erfolgreich zum Denken benutze.“ Und es gibt vieles, was Wendy in Großbritannien zu denken gibt: „Das ist ein beschissenes Land. Alte Leute, die ihr Leben lang brav Steuern gezahlt haben, müssen bis zu 16 Jahre lang auf eine rettende Operation warten. Aber Thatchers Staat kassiert Steuern, um noch mehr Atomwaffen zu bauen.“

Wendy weigert sich deshalb, ihren Obolus ans Finanzamt zu entrichten. „Das Schlimmste aber ist die Tatsache, daß ausgerechnet die Arbeiter, denen es im neuen Britannien besonders schlecht geht und die vor zehn Jahren Labour wählten, jetzt sogar noch für Maggie stimmen.“

Die Tochter eines Sozialarbeiters – „mein Vater hörte immer Bob Dylan, und deswegen war Dylan ein wichtiger Einfluß für mich“ – macht kein Hehl aus ihrem umweltpolitischen Engagement. Fürs englische Teenie-Magazin „Number One“ griff sie sogar selbst zum Füller, um die ganz jungen Fans für den Umweltschutz zu aktivieren und für die Grünen zu werben, die sich im Moment in England als Partei formieren. Image-Probleme deswegen haben eher andere. “ Vor allem die Medien müssen endlich einmal lernen, daß sich Intelligenz durchaus mit dem Status eines Pop-Idols verträgt.“

Diesen Status genießt Wendy zumindest auf den britischen Inseln, wo Transvision Vamp mit den Singles „Baby, I Don’t Care“ und „The Only One“ den Durchbruch schaffte und sich das zweite Album VELVETEEN – mit Stilzitaten von Phil Spector bis Velvet Underground – vom Start weg zum Bestseller entwickelte. In der Bundesrepublik hingegen war „Baby, I Don’t Care“ ein gnadenloser Flop. Aber auch das ficht Wendy nicht an : „Wer uns nicht mag, soll’s bleiben lassen. Und wenn sich die Deutschen schwer mit Transvision Vamp tun, dann werden wir halt nach unserer Tournee im September so schnell nicht mehr kommen.“