Weg vom Fenster: Transvision Vamp


Kaum zu glauben: Ende der Achtziger war Wendy James das Schärfste, was die englische Musikwelt zu bieten hatte.

Mediales Geklingel ist zwar nicht alles, aber mehr als die halbe Miete. Diesen Gedanken hatten in den Achtzigern mordsmäßig viele Künstler inhaliert, und Wendy James war eine davon. Obwohl: Künstlerin? Oder gar Sängerin? Schwierig. Wenn Wendy James, Vokalistin bei Transvision Vamp, eins konnte, dann das: sich selbst als Mittelpunkt jedweden Interesses inszenieren. Immer getreu dem Motto: Egal, was du machst – Hauptsache, du machst immer auf dich aufmerksam. Weshalb sich im Musikexpress über das ’88er-Debütlalbum „Pop An“ (Platz 4 in den englischen Charts) folgende, heute noch gültige Analyse fand: „Es ist nichts anderes als purer Kinder-Sex. Die netten Männer hinter ihr untermalen Wendys Gehauene auf ihren scharfen Gitarren mit frech geklauten Versatzstücken aus der Geschichte des Rock und Punk. Kraft und Eros hat das, witzige Ideen schon weniger.“ Wohl war.

Transvision Vamp waren eine leidlich talentierte Band, die als Zitierkünstler endeten – für klugen Eklektizismus reichte es nicht. Ihr Sound bezog sich auf Velvet Underground, Lou Reed, Iggy Pop und Blondie und wollte so gerne Punk und Glam sein, war aber letztlich nichts anderes als grelles Pop-Gerocke. Dass es trotzdem für ein kurze Karriere und ein paar Top 20-Platzierungen langte – „Baby I Don’t Care“ schaffte es bis auf die Drei der UK-Charts -, lag einzig und allein an Wendy James. Mit Anfang 20 gab sie mit offensivem Körperbewusstsein mal die Pop-Lolita, mal den scharfen Hasen, der es faustdick hinter den Ohren hatte, und sorgte so dafür, dass zwischen männlichen Ohren nicht allzu viel Blut rauschte, wenn sie bei Transvision Vamp zugange war; das pulsierte weiter unten.

Nach dem Release des mäßig erfolgreichen Albums „Little Magnets Versus The Bubble Of The Babble“ trennten sich Transvision Vamp Ende 1991. Wendy James veröffentlichte 1993 ihr Solo-Album „Now Ain’t The Time For Your Tears“, das Elvis Costello für sie komponiert hatte, und ist seitdem immer noch ziemlich blond. Das ist schließlich nicht nur eine Haarfarbe, sondern vor allem eine Gesinnung allerdings eine, die auch nichl verhindern konnte, dass seit 1997 alle Songs von ihr als Demos endeten. Offizielle Veröffentlichungen: Fehlanzeige. Dave Parsons, der Transvision-Vamp-Bassmann, lässt heute sein Instrument bei Bush wummern, und das englische Q brachte das Phänomen Transvision Vamp 1998 anlässlich eines Best-Of-Albums noch mal auf den Punkt: „Forgotten but not forgiven“.

www.wendyjames.nu