Der Zirkus kommt: Porno For Pyros greifen tief in die Theatralik-Kiste


NEW YORK. Rockopern sind wie Dinosaurier: zu Recht ausgestorben, begraben, Plastikrasen drüber. Oder weint wirklich jemand wehmütig jener Genesis-Tour nach, als sich Peter Gabriel als Sonnenblume verkleidete?! Lieber nicht. Der theatralische Bombast ist, gottlob, Schnee von Gestern.

Nicht so bei Perry Farrell. Und so präsentiert sich der Ex-Jane’s Addiction-Mann mit seiner neuen Band unter einer Zirkuskuppel, unterstützt von einem Aufgebot bizarrer Gestalten, die einem Porno-Bastard des Zirkus Roncalli entsprungen zu sein scheinen. Als da sind: eine barbrüstige Feuerschluckerin (zum Song „Porno For Pyros“), ein sich verstümmelnder Clown (zu „Blood Rag“), eine Pirouetten drehende, korpulente Ballerina (beim Opener „Orgasm“). ein masturbierender Hermaphrodit auf Stelzen („Cursed Male“‚), ein simulierter Lesbenakt (zu dem psychedelischen „Cursed Female“) oder gar Farrell persönlich, wie er händevoll Dollarscheme während der letzten Zugabe ins Publikum wirft.

Das Spektakel hätte schnell ins Auge gehen können. Daß dem nicht so war, verdankte Farrell der schieren Power seiner neuen Band. Gitarrist Peter DiStefano, Bassist Martyn Le Noble (Ex-Thelonious Monster) und besonders Ex-Jane’s Addictions Dynamo-Drummer Stephen Perkins. Seine Trommelstöcke waren es, die dem ermüdenden Treiben unter der Zirkuskuppel mehr als einmal die Show stahlen. „Pets“ und“.Packin‘ .25″ waren jedenfalls musikalisch das Beste der 55 Minuten kurzen Show. Beide Songs sang Farrell in seiner nasalen Nicht-Stimme, ohne sich unnötig mit Rauchschwaden-Klimbim und Porno-Brimborium zu belasten. Die Psychedelik der 60er. gemischt mit dem Punk-Funk der 90er. ohne die Rocktheatralik der 70er Jahre — das war die zündende Mischung.

Hätte Perry es nur das ganze Konzert über so gehalten. Mein Nebenmann beim Rausgehen hätte sich sicherlich den gegrummelten Kommentar erspart: „So’n sentimentaler Matsch.“