Die Reklamation


Wahrscheinlich sind wir einfach zu brav hier in Deutschland. Seit nun schon ein paar Jahren läßt eine Mehrheit der rechtschaffenen Tonträgerkäufer es sich widerspruchslos gefallen, daß ihnen eine Mehrzahl der Major Companies sogenannte „kopiergeschützte“ CDs verkauft, die sich auf älteren CD-Playern mitunter nur fehlerhaft, in Auto-Stereoanlagen oft gar nicht und in Computern nach dem Willen der Anbieter möglichst überhaupt nicht abspielen lassen. Gleichzeitig stellt sich immer wieder heraus, daß jederauch nur halbwegs findige Computerfreak die Schutzsysteme relativ mühelos umgehen kann. Englischen und amerikanischen Konsumenten haben die gleichen Firmen eine so perverse Situation lange Zeit nicht zuzumuten gewagt, aus Angst, von ihnen durch massive Kaufverweigerung abgestraft zuwerden. Erst seit das Debütalbum von Velvet Revolver im vergangenen Jahr ein Bestseller in den Staaten wurde, obwohl man es versuchsweise mal mit einem Kopierschutz versehen hatte, denken die Majors daran, auch die Fans in Amiland so zu behandeln wie uns tumbe Teutonen. Internationale Rechtsexperten halten das Ganze ohnehin für einen schlechten Witz, wie kürzlich anlässlich des „Welttages des geistigen Eigentums“ wieder deutlich klar gemacht wurde: Sie rügen, da werde der berechtigte Schutz des geistigen Eigentums von den Plattenfirmen auf die für sie bequemste technische Weise, aber unter Übergehung von Verbraucherrechten durchgesetzt. Ich finde, sie haben Recht. Denn: Geltendes Recht muß die „Lebenswirklichkeit“ berücksichtigen – und die besagt heute zweifellos, daß der rechtschaffene Käufer einer CD erwarten kann, sie auf einem Gerät seiner Wahl abspielen zu können. Damit mich keiner falsch versteht: Ich finde die Idee des Kopierschutzes an sich vollkommen berechtigt. Selbstverständlich müssen sowohl die Urheber als auch die Vermarkter von Musik angemessen für ihre Arbeit entlohnt werden und müssen sich gegen Diebstahl schützen dürfen. Aber es kann nicht sein, daß ausgerechnet die ehrlichen CD-Käufer durch den Schutz in ihren Rechten beschnitten werden. Ganz klar: Copy-Protection-Systeme sollten erst dann wieder eingesetzt werden, wenn die mit ihnen geschützten CDs auf allen Abspielgeräten (inkl. Computern) voll funktionsfähig sind.