Don’t worry, Die Happy


Noch vor ein paar Jahren verschlissen sich die Ulmer in Jugendzentren und ließen sich mit Pizza abspeisen. Heute nehmen Die Happy in den USA auf und jetten für einen Kursus in Sachen Songwriting nach Schweden.

Sie würde gerne mal Robbie W. vorgestellt werden. Doch nach den Konzerten ihrer Band ereilt Marta Jandová regelmäßig ein hartes Schicksal: „Die anderen unterhalten sich mit irgendwelchen Frauen, und ich steh da mit Kerlen, die alle 16 sind, pickelig und sich erst Mut ansaufen mussten, um mich anzusprechen. Die interessantesten Männer schaffen es höchstens, mir die Hand zu schütteln, und gehen dann schnell wieder. Dann sitze ich oft da und denke: Helft mir!“ Doch die attraktive Tschechin sieht’s gelassen, denn: „Ich bin mit zwei Jungs aufgewachsen, und wenn ich mit denen Angeln ging, musste ich immer die Würmer tragen, hatte sozusagen schon immer die niedrigere Rolle.“

Grundlegend ändern sollte sich das im September 1994, als die heute 29-Jährige, die ursprünglich Trapezkünstlerin werden wollte, mit dem Gitarristen Thorsten Mewes (30) Die Happy gründete – „und schon nach unserem ersten Konzert wusste ich, dass ich das professionell machen will, dass ich alles dafür machen werde“. Na ja, fast alles. Denn ihre Oberweite entblättern wird die junge Dame weder für den „Playboy“ noch andere Magazine: „Ich habe ja sogar mal mit dem Gedanken gespielt, aber mittlerweile sage ich mir: Das mache ich nicht. Vor allem nicht in unserer Branche, wo’s wirklich jeder tut.“ Bassist Ralph Rieker (32) ergänzt: „Zuerst denkst du: Okay, auf diese Weise verkaufen wir mal eben doppelt so viele Alben. Aber wollen wir das überhaupt, wollen wir diesen Weg gehen? Ein paar Prinzipien braucht man schon, und denen muss man dann auch konsequent treu bleiben.“

Ein weiterer Grundsatz ist, dass auf dem gerade erschienenen, in den USA und Dänemark eingespielten dritten Album The Weight Of The Circumstances – für das beinahe 30 Eigenkompositionen zur Auswahl standen, von denen dann sieben in Schweden mit Hilfe professioneller Songwriter vorab „rundgeschliffen“ wurden – keine Coverversionen zu hören sind. Eine ähnlich klare Position vertritt das Quartett, das Drummer Jürgen Stiehle (27) im Herbst 1999 vervollständigte, auch beim Thema „www“. Ralph Rieker: „Prinzipiell ist das Internet für uns die Erfindung des Jahrhunderts. Auf die Homepage Songs zum Anhören draufstellen, Videos zum Runterladen oder solche Sachen – cool. Du klickst dich auf die Seite mit den Real Audiofiles und weißt schon mal, was die Band so macht.“ Die gestaltet und verwaltet ihren Webauftritt komplett in Eigenregie, und das mit einem solchen Elan, dass man sie letztes Jahr gar für den „Neo“-Internet Award nominierte. Illegale Musik-Downloads allerdings findet Rieker „natürlich scheiße – denn es geht doch auch keiner zum Bäcker und klaut da sein Brot“. Dass MP3-Files auch von Die-Happy-Songs durchs Netz schwirren, sieht der Bassist dagegen eine Spur gelassener, „denn das hat im Endeffekt ja vielleicht auch ’ne gewisse Promowirkung“.

Kollegin Marta Jandová bringt es ihrerseits auf die Palme, „dass mittlerweile ganze Schulklassen von der Kaffeekasse Rohlinge kaufen, und der kleine Paul kopiert dann zuhause für alle die neue Metallica. Zwölfjährige Kinder“, sagt sie. „besitzen heute mehr gebrannte CDs als ich reguläre. Was mich stört: Viele sagen, CDs seien zu teuer, sehen aber nicht, dass eigentlich alles zu teuer ist.“

Was die gebürtige Pragerin außerdem nervt: „Wenn’s im Tourbus auf das Niveau rumkommt, wo Frauen wirklich nur noch aus – Entschuldigung – Titten und Ärschen bestehen. Unser Tourmanager nennt die Jungs übrigens immer Pussies, weil sie so wehleidig sind. Und wenn es backstage nur einen Spiegel gibt, habe ich Mühe, vor dem Gig ein Plätzchen zu erhaschen, weil die drei viel eitler sind als ich.“

Nicht ganz so wichtig waren schnieke Outfits zu jenen Zeiten, als die Ulmer mangels Popularität ausschließlich die Jugendzentren und Mini-Clubs der Republik rockten. „Sieben, acht Jahre haben wir alles selber aufgebaut, waren in jedem Ort, wo’s eine Steckdose gab. Wir waren immer dankbar, dass wir spielen konnten, haben dabei sehr oft draufgezahlt“, erinnert sich Marta. „Damals waren wir glücklich über ’ne Pizza und drei Stühle, auf die wir uns draufsetzen konnten. Mittlerweile, weil man das Ganze – das hört sich jetzt blöd an – zur Arbeit gemacht hat und ständig unterwegs ist, hat man natürlich andere Ansprüche. Die Leute denken oft, dass das Arroganz sei. Aber irgendwann will man nicht mehr 365 Tage im Jahr Pizza essen.“

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