Ein Ochs für alle Fälle


Müller - Westernhagen, Grönemeyer und jetzt auch Ochsenknecht? Der "Männer"-Star will diesen Monat zum ersten Mal im Fernsehen singen. Zu seinen zwei neuen Filmen schrieb er Musik. Und im März stand er vor 25OO Zuschauern Uwe auf der Bühne.

Ein Traum ging in Erfüllung, das ist nicht zu überhören: “ Wie ein Trip“ sei es gewesen, schwärmt Uwe Ochsenknecht, als er zum ersten Mal oben stand und sang. Am 17. März war das, in Karlsdorf. Ochsenknecht interpretierte „In The Midnight“ und „Ain’t No Sunshine“, dann mußte er Platz machen für die anderen Acts. Das Engagement auf dem Benefiz-Konzert zugunsten einer Krebshilfe-Aktion kam so kurzfristig, daß keine Zeit blieb, eigene Stücke vorzubereiten.

Kaum war Ochsenknecht runter von Bühne und Trip, meldete sich „Ohne Filter“. Auch Günther Jauch zeigt sich interessier: am Sänger Ochsenknecht für seine Promi- und Plunder Show „Na siehste“.

Ochsenknecht gehört seit „Männer“ zu den wenigen deutschen Schauspielern, wegen derer „vielleicht mal ein paar Leute mehr ins Kino gehen“, wie er es selbst ausdrückt. Vielleicht sind diese paar Leute auch bereit, seine Musik wenigstens mal anzuhören. Vielleicht laufen sie sogar in den Plattenladen. Ochsenknecht will „nicht zu denen zählen, die singen, damit sie sich ’ne Platte übers Bett hängen können.“

Ochsenknecht versteht sich als Rock’n’Roller, und die – allen voran die deutschen – nehmen ihre Sache bekanntlich ernst.

Aber wie glaubwürdig kann einer sein, der im Alter von 33 Jahren erklärt, in ihm habe immer ein Musiktalent geschlummert, das jetzt nicht mehr zu halten sei. Wie steht es mit der vielbeschworenen „Credibility“ von Uwe Ochsenknecht.

Seinen ersten großen Auftritt bekam der Blonde mit der stets etwas zerzausten Erscheinung im TV-Mehrteiler „Das Ding“. Danach „Das Boot“. Damals schon machte Ochsenknecht Musik. 1976 taucht sein Name auf einer heute als Liebhaberstück gehandelten LP des Mannheimer Musiker-Kollektivs Kaarst auf – unter „Bongos und Percussion“. Mit dabei u.a. Ralf Zang, der heute Jule Neigel produziert. 1981/ 82 dann erste Solo-Demos. Die Plattenfirmen aber winkten ab. Ochsenknecht hat sich für seinen in englisch gesungenen Rock den schlechtesten Moment der letzten 20 Jahre ausgesucht: Neue Deutsche Welle ist angesagt!

„In deutsch“, stellt Ochsenknecht klar, „geht bei mir gar nix ab. Sowas wie ,Baby, Can I Walk You Home‘ kann ich nicht auf deutsch singen“.

Der alte Streit also. Ochsenknecht macht weiter Filme, oft kleine mit unbekannten Regisseuren. 1986 dann das Projekt, das alles verändert, Uwe Ochsenknecht und Heiner Lauterbach sind die „Männer“, die Millionen begeistern, „Plötzlich kamen sie alle angeschissen“, erinnert sich Ochsenknecht, und es scheint, als ärgere er sich noch immer über die Angebote, die ihm gemacht wurden. Ochsenknecht könnte längst neben den versammelten Supernasen, Glasaugen und Hühnerbrüstchen des deutschen Films seine Birne in die Kamera hängen und fette Gage einstreichen. All das lehnt er ebenso ab wie Fernsehserien. Als im Gespräch ist, daß „Männer“ für den Oscar nominiert werde, interessierte sich Amerika für den Mann. Ochsenknecht fährt rüber und führt Gespräche, Aber „Männer“ wird nicht nominiert, und den Amerikanern bleibt es erspart, den Namen Ochsenknecht aussprechen zu müssen.

Ein Name übrigens, mit dem in Deutschland immer mehr Menschen das Attribut „schwierig“ verbinden. Ochsenknecht weigert sich nicht nur, eine „Männer“-Fortsetzung überhaupt in Erwägung zu ziehen, er schlägt auch Projekte aus, in denen er wieder mit Heiner Lauterbach spielen sollte: „Wenn man einmal durch Zufall Erfolg halte, darauf rumzureiten, das sieht doch arm aus.“ Stattdessen vertieft sich Ochsenknecht in das Drei-Personen-Stück „Butterbrot“, das in München in einem winzigen Theater läuft und im Nu für die ganze Laufzeit ausverkauft ist. Die wenigen, die Karten bekommen, sind begeistert von dem Spiel um die Beziehungs- und Orientierungs-Probleme dreier Freunde, die sich eine Wohnung teilen. Diesen Sommer wird „Butterbrot“ verfilmt.

Ehrgeiz entwickelt Ochsenknecht auch bei seinem nächsten Film mit „Männer“-Regisseurin Doris Dörrie. Sechs Kilo futtert er sich für „Geld“ an. Daß der Film insgesamt dennoch unrund wirkt, liegt also weniger an Ochsenknecht, der seinen Part des Vorstadt-Spießers geradezu leinwandfüllend ausfüllt.

Der Text der pünktlich zum Film erscheinenden Rap-Platte „No Money, No Geld“ stammt von Uwe Ochsenknecht. Den Regisseur seines neuen Filmes „Die Stimme“ kann Ochsenknecht dann schon davon überzeugen, ihm den Titelsong anzuvertrauen. Seine Rock-Ballade „Anv Day“ nimmt die schwermütigen Gedanken auf, die Ian Dury als Kapitän Koslowski kurz vor dem Nachspann über die Reling schickt.

In „Die Stimme“ spielt Ochsenknecht mit alten Freunden aus der Bochumer Schauspielschule, die auch schon mit im „Boot“ waren. Ochsenknecht ist der einzige von ihnen, dem es gelang, seinen Namen aus der Kategorie „junges Talent“ zur Haushaltsmarke zu befördern. „Wenn man nicht Glück hat“, sagt er, „ist es in Deutschland wie Lotto. Dann mußt du am Schluß bei Rudi Carell auftreten.“

Bevor er selbst möglicherweise bei Günther Jauch auftritt und singt, dreht er erstmal wieder. Seit Mitte April steht er für einen TV-Dreiteiler in Ungarn vor der Kamera und spielt Bismarck im Alter von 34 bis 75. Ochsenknecht hat Bücher gekauft, war im Museum und hat Originaldokumente studiert. Für Musik blieb kaum Zeit, die Schauspielerei ist ihm wichtiger, daraus macht er kein Geheimnis. Und bevor er sich jetzt zu einem Schnellschuß hinreißen läßt oder am Ende doch noch deutsch singt, verspricht Ochsenknecht:

„Dann mache ich lieber nie eine Platte. “ Für einen 33jährigen, noch frisch angetörnt vom Live-„Trip“, klingt das wesentlich vernünftiger – und glaubwürdiger – als man anfangs befürchten mußte.