Interview

Fatboy Slim im Interview: „Robin Schulz ist überhaupt nicht mein Geschmack“


Vor seinem Headliner-Auftritt beim Super Bock Super Rock Festival in Lissabon sprachen wir mit DJ-Legende Fatboy Slim über EDM, DJ-Superstars und fehlende Festival-Headliner.

Deutschland, Montenegro, Portugal, drei Länder in 72 Stunden – auch mit 53 Jahren gönnt sich Fatboy Slim keine Pause. Die DJ-Legende aus Brighton ist auf ausgiebiger Festival-Tour, am Abend nach unserem Gespräch steht er als abschließender Headliner beim Super Bock Super Rock Festival 2017 in Lissabon auf der Bühne.

Während auf der Main Stage die Deftones mit ihren Fans die Hallenkonstruktion, in der sich die Hauptbühne befindet, zum Erbeben bringen, schlendert ein gut gelaunter und überraschend ausgeschlafener Norman Cook dem Pressebereich entgegen. Der Brite, der unter seinem Alter Ego Fatboy Slim seit über 30 Jahren für massenkompatible wie spannende elektronische Musik steht, lehnt sich ganz nah in Richtung des Aufnahmegeräts, seine Augen fixieren den Journalisten gegenüber von ihm. So verbissen, wie er in diesem Moment wirkt, ist er während des Interviews gar nicht. Dennoch hat er einige Dinge klarzustellen.

Musikexpress: Was ist mit der elektronischen Musikszene in den vergangenen Jahren geschehen, dass Leute wie Martin Garrix, Avicii und David Guetta solch einen enormen Erfolg haben?

Norman Cook: Sie entertainen die Menschen. Das Ding mit diesen DJ-Superstars ist: Sie würden nicht wie Superstars behandelt, wenn sie gewissen Leuten nicht Geld einbringen würden. Es ist wie mit Fußballern: Wenn du nicht außergewöhnlich gut bist und keine Nachfrage nach dir ist, wirst du auch nie wie ein Star behandelt werden. Dass Martin Garrix und Co. diese Nachfrage erschaffen haben, liegt aus meiner Sicht am Internet. Wolltest du vor dem Internet elektronische Musik hören, musstest du in den Nachtclub – was wiederum bedeutet, du musst über 18 sein. In den USA sieht es noch extremer aus. Wenn du mit 21 Jahren als volljährig giltst, sind deine Tage als Nachtschwärmer eigentlich schon vorüber. Da diese Musik nicht im Radio lief, war die Zielgruppe dementsprechend klein. Nun können bereits Kids solche Musik hören und sich Videos von Martin Garrix online anschauen.

In Deutschland haben wir Robin Schulz und Felix Jaehn…

Ja, also, ich denke, es gibt genug Raum für jegliche Arten von DJs, so wie es eben auch verschiedene Musikstile gibt. Jeder DJ findet seine eigene, nun ja, Nische…

Das klingt, als würdest du sie nicht sonderlich mögen.

Nein, es ist überhaupt nicht mein Geschmack. Aber weißt du, ich habe mich neulich mit einem Drum’n’Bass-DJ unterhalten und ich habe ihn gefragt, was er von meinem Set hielt. Er antwortete: „Oh, nun ja, also, du bist schon in Ordnung.“ Oh, wow, ich bin also nur in Ordnung. Aber er erklärte mir: „Ich mag nun einmal Drum’n’Bass – und du spielst kein Drum’n’Bass.“ Und so ist es bei mir mit Robin Schulz und Felix Jaehn. Ich respektiere sie für ihre Leistung, aber es ist überhaupt nicht meins.

„Big Beat ist für die aktuelle EDM-Schwemme verantwortlich – und dafür entschuldige ich mich zutiefst!“ (Fatboy Slim)

In Deutschland wirst du immer noch mit dem Begriff „Big Beat“ in Verbindung gebracht. Findest du Anleihen dieses Stils in heutigen EDM-Produktionen wieder?

Ich wurde seit zwei Jahren nicht mehr auf Big Beat angesprochen. Ich würde mich auch niemals selbst als Big-Beat-Künstler bezeichnen. Ich glaube, auf Wikipedia steht das noch immer, vielleicht sollte ich meinen Eintrag langsam mal bearbeiten. Ich spiele House Music. Andererseits könnte man von mir durchaus behaupten, dass ich EDM, Electronic Dance Music, mache. Aber um auf die Frage zurückzukommen: Die Grenzen, die Big Beat gesprengt hat, haben EDM erst entstehen lassen. Vor Big Beat war die elektronische Musik dogmatisch. Es gab Techno, Acid House, Minimal. Die Big-Beat-Generation hörte nebenbei The Beatles und Punkrock, mochte aber auch Acid House und HipHop. Sie ließen all diese Inspirationsquellen in ihre Musik einfließen. Ihnen war nichts heilig, ähnlich den EDM-Künstlern, die sich dem Pop anbiedern. Also, ja: Man könnte sagen, Big Beat ist für die aktuelle EDM-Schwemme verantwortlich – und dafür entschuldige ich mich zutiefst!

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