Frage: In einer Band machen alle alles – kann das klappen? Es kann. Fischmob sind der Beweis


Hip-Hop-Hurra: Nach und neben dem fetten Brot und Fünf Sterne Deluxe schicken sich Fischmob an, Hamburg endgültig als deutsche Hip-Hop-Hauptstadt festzuschreiben. So leicht könnte man es sich machen. Wenn Stefan „Koze“ Kozalla, Sven Mikolajewicz, Daniel „Cosmic“ Sommer und Stachy nicht eigentlich aus Flensburg kommen würden, wenn sie nicht das kleine, aber durchaus entscheidende Quentchen älter wären, wenn sie nicht schon vor drei Jahren kometenhaft aus dem Unterground emporgeschossen wären und wenn,ja wenn ihre musikalische Herangehensweise nicht eine ganz andere wäre.

Denn auch wenn der Fischmob als B-Boygroup ins Rennen geht, sind seine Mitglieder doch tief in ihrem Innersten Rocker, die neben der zeitgemäßen Affinität zu lässigem Geplauder und fetten Beats an keiner gut abgehangenen Stromgitarre vorbeigehen können. Zusammen mit einer Unmenge kleiner und kleinster Song- und Sound-Ideen addiert sich dies zu einem hochenergetischen Gebräu, was folglich nur einen Titel bekommen konnte: Power. Das ist der programmatische Name, unter dem das neue Testament bzw. Album der norddeutschen Spaßguerilla seit seinem Erscheinen die Charts aufrollt. Und Spaß bzw. Humor ist das Wort. Am Beispiel von „Power“erweist sich aufs neue, welch großes Potential in dieser besonders hierzulande so seltenen Eigenschaft liegt. Daß der souveräne Humor Fischmobs tödlichste Waffe ist, hatten die vier aus Flensburg schon zu Beginn klargestellt. „Ey Aller“, die erste Single, verarbeitete die alltägliche Tragik einer unvermittelten Proleten-Attacke mit nordischer Lässigkeit und rockte monatelang jede Party. Das darauffolgende Werk mit dem unschlagbaren Titel „Männer können seine Gefühle nicht zeigen“ reihte sich in die Riege der bestverkauften deutschen Indie-Alben ein.

Gut für den Mob, schwierig für die neue Firma. Schließlich hatte man sich, um den Zuschlag zu bekommen, in einer Versteigerung durchsetzen müssen, der kein einziges großes Plattenhaus ferngeblieben war. Entsprechend teuer trugen Koze, Sven, Cosmic und Stachy ihre Haut zu Markte, entsprechend stark kamen Druck und Erwartungshaltung ins Spiel. Doch den Fischmob treibt man nicht. Mit einer nordischen Mischung aus Lässigkeit und Perfektionismus wurden diverse Studios ausprobiert, Mitarbeiter verschlissen und erst mal drei Maxis veröffentlicht, bis es endlich allen recht war. „Allen“ heißt dabei aber nicht etwa Band, Label, Management und Vertrieb, sondern Koze, Sven, Cosmic und Stachy.

Sven:“Wir haben eben das Problem, daß wir uns als Einzelpersonen nicht auf Text und Musik spezialisiert haben, sondern daß alle alles machen und auch immer zusammen da sind. Das macht die Leute im Studio wahnsinnig und uns selbstverständlich auch.“

Doch nun, da „Power“ die Charts kräftig aufmischt, sind sie alle glücklich und haben sich wieder lieb. Schließlich ist Fischmob sogar ein Liebeslied gelungen, das mit so romantischen Bildern wie „sie hat ’n Händedruck, der Hände bricht, ’n Gesichtstattoo, das Bände spricht“, aufwartet. Stolz ist man auch auf die Mitarbeit von Indierock-Legende J. Mascis, der die F.R. David-Hommage „David“ mit einem krachigen Mix adelte. Für den ersten potentiellen Hit allerdings besann man sich dann aber doch auf Hip und Hop und lud zudem Smudo und Hausmarke zum gemeinsamen Rappen.

Mit den Fantas verbindet Fischmob außer der Bandgröße auch der Spaß an Soloausflügen. Doch während sich die Stuttgarter Deutschhop-Pioniere erst nach und nach alleine aufs Parkett wagten, veröffentlichten Koze (Adolf Noise) und Sven (Mikolajewicz) ihre weitgehend instrumentalen Egotrips schon kurz nach dem Gruppendebüt. Da zeigt sich überschüssige und vor allem individualistsche Energie.

Nicht nur stundenlange Diskussionen über Song und Sound führen zu Unruhe im Fischmob. Auch das altbekannte Problem im Miteinander von Spaß und Politik treibt Keile in die Band. Während bei Koze und Cosmic keinerlei Dogma greift, hört für Sven der Spaß viel früher auf. Der große Blonde, der der ersten Platte einen völlig ironiefreien Anti-Vergewaltigungssong beisteuerte, schwingt gern die fundamentale Axt und verneint als einziger die polemische Frage, ob Fischmob denn Prodigys umstrittenes „Smack My Bitch Up“ remixen würden. Aber auch ohne ein derartiges Unterfangen darf die dynamische Gang mit ihrem unverkrampft-vollfetten Klang schon mal nach den Sternen greifen. Oder sich morgen auflösen. Oder zehn neue Sub-Projekte gründen.