Ganz schön strange: Der Tanz der Vampire


Ganz schön stränge, dieser Tanz der Vampire, der da zu St. Valentine im Londoner „Rainbow“ über die Bühne ging. Geplant war diese Veranstaltung von Steve Strange, dem Ober-Visagisten der Londoner Blitz Kids, als Alternative zum öden Londoner Nachtleben. In lockerer Party-Atmosphäre soll man mehrere Bands sehen, tanzen, wenn man Lust dazu hat, Video anschauen, Modenschauen an sich vorbeirauschen lassen und nebenher vielleicht noch eine kleine Kunstausstellung geboten bekommen. So stellt Steve Strange sich das jedenfalls in der Theorie vor. Die Praxis vermochte da noch nicht so ganz mitzuhalten.

Steve Strange, der zusammen mit Midge Ure, Rusty Egan, Billy Curry, lohn McGeoch und Dave Formula bereits vor drei Jahren das Visage-Projekt (vergl. ME 2/81, Longplayers) anpeilte, scheint seine bleichgeschminkten Jünger mit dem neu-romantischen Hang zum Kostümtrip in die Vergangenheit in ihrer Fähigkeit zum Amüsieren doch noch zu überschätzen. Vielmehr schob sich durch das Foyer des eisig kalten Rainbow eine Masse aus narzistischen Individuen, die sich begierig in Pose stellten, sobald eine Kamera auf sie gerichtet war.

Drinnen herrschte die Grabesstimmung einer transsylvanischen Party, als die Elektronikklänge von drei menschlichen Robotern einen Teil der Gäste zu einer eigenwilligen geisterhaften Choreographie inspirierte, die ihre Wurzeln irgendwann einmal im Pogo haben mußte. Unter der theatralischen Schminke verzog sich kaum eine Miene, ein unkommunikatives Nebeneinander kontaktgestörter Seelen.

Farbe und Temperament kamen erst ins Spiel, als die Tanz/Pantomime-Truppe „Shock“ auftrat, die tatsächlich einige atemberaubende Highlights zu bieten hatten. Der Junge, der sich neben mir zum aufregenden „I Zimbra“ (T Heads)-Act des Shock-Theaters den Schweiß aus den Rippen tanzte, steckte im Jeans-Anzug und kam definitiv nicht vom Stern Blitz.

Steve, der vom Samt und Seide-Look auf eine verwegenere Robin Hood-Aufmachung umgestiegen war, ermahnte seine Gäste, nicht so lahm herumzustehen, sondern doch endlich einmal zu tanzen. Ansonsten blieb er als Gastgeber unsichtbar. Mit den Videos haperte es übrigens auch. Ultravox traten endlich auf, als sich das Rainbow-Foyer bereits in eine mittlere Kloake verwandelt hatte. Angesichts der trüben Szene bot dieser konsumierfreundliche Elektronik-Pop dann wirklich eine hübsche Abwechslung …

Die sogenannten Blitz Kids (geboren wurde diese Bewegung bekanntlich in dem von Steve geleiteten Club Blitz) investieren eine Menge Phantasie in ihre Kostüme. Sie schillern auf Distanz, doch kommst du ihnen nahe, merkst du, wie leer sie sind.