Godley & Creme – Vorwärts zurück


Als 10cc machten sie Musik. Als Video-Regisseure entwickelten sie den perfekten Musik-Clip. Jetzt wollen Codley & Creme wieder zurück zu den Ursprüngen der Musik. Martin Brem sprach mit ihnen.

Wir wußten, daß wir eine Abwechslung brauchten. Das Video-Geschäft wurde zur Routine. Und wir wußten, daß wir wieder Musik machen wollten. Wir wußten auch, daß es echte Musik sein sollte. Wir wußten, daß wir ein Album mh der Mundharmonika als Haupt-Instrument und schwarze Background-Sänger haben wollten …“

GODLEY: „Halt! Stop! Herr Kollege, das waren jetzt vier Mal ,wußten’… „

CREME: „Stör mich nicht! Es sollten doch zehn werden … wo war ich stehen geblieben?“

GODLEY: „Du wolllest gewußt haben, daß unser neues Album eine Innovation von geradezu sensationellem Ausmaß darstellt. Just like when Dylan wem elearic!“

CREME: „… then we went spastic!“ Wir kennen sie alle, die wohlgelittenen Vertreterbesuche unserer Charts-Lieblinge, wenn sie anläßlich eines TV-Auftritts „in town“ sind und der Presse eine halbe Stunde kurz ihre auswendig gelernten Statements ins Mikrofon blasen. Was für ein Heidenspaß ist es dagegen, mit Kevin Godley (43) und Lol Creme (41) zu sprechen! Keine Floskel wird da strapaziert, und es vergeht kaum eine Gesprächsminute, ohne daß der britische Humor des Duos nicht seinen Schmunzel-Tribut fordert. Sie haben aber auch viel zu erzählen. Knapp 20 Jahre machen Godley & Creme zusammen Schallplatten, Bücher und Videos. Wer erinnert sich noch an den „Neanderthal Man“ (1970) von den Hotlegs? Oder natürlich lOcc, die bis 1976 als ideenreiche Pop-Erneuerer wirkten. Nicht zu veraessen die experimentierfreudigen Godley & Creme-Alben CONSEQUENCES. ISMISM, oder FREEZE FRAME. Aber es war erst die seit Beginn der 80er Jahre gepflegte Video-Kultur, die dem Duo mit so unvergeßlichen Clips wie „Every Breath You Take“ (Police) oder „Rockit“ (Herbie Hancock) zu globalem Ruhm verhalf.

Doch nichts ist langweiliger als die Gewohnheit, und so zog es die beiden wieder hin zu den eigenen Tönen.

CREME: ,Die moderne Popmusik ist so berechenbar und damit gräßlich langweilig geworden. Schau in die Charts, immer derselbe Käse! Findest du da etwa Persönlichkeit. Charakter in der Musik?“ GODLEY: ,All die kleinen Fehlerchen, die einer Aufnahme Charakter geben, werden heute sehr effizient wegcomputerisiert.“ CREME: „Wir aber wollten echte Musik machen.“ Zurück zur Natur also lautet die Devise. In einer für heutige Verhältnisse geradezu lächerlichen 16 Spur-Aufnahmesituation entstand GOODBYE BLUE SKY im trauten Heim. 10 Uhr vormittags Arbeitsbeginn, dann Mittagspause, weiterarbeiten, Tee am Nachmittag, 6 Uhr Dienstschluß. Drei Mundharmonika-Virtuosen, Paul Youngs schwarzer Männerchor, ein paar Gitarren. Godleys Schlagzeug, („Endlich wieder richtige Drums spielen!“) und Cremes schmachtender Gesang, fertig!

CREME: „Früher glaubten wir immer, etwas mit unserer Musik beweisen zu müssen. Wir haben Tempi-Wechsel oder seltsame Tonari-Anderungcn eingebaut, weil wir auch musikalisch in szenischen Schnitten dachten. Dann kam Video. Da tobten wir uns aus. Heule müssen wir nichts mehr beweisen. Du glaubst gar nicht, wie entspannend das sein kann!“

GODLEY: “ Während unserer Video-Hochsaison hallen wir überhaupt kein Interesse daran, selbst zu musizieren. Dann kam unsere Plattenfirma und drängelte!“

CREME: „Wir hallen absolut keinen Bock. Aber die Firma gab keine Ruhe. Und so entstand BIRDS OFPREY. Ein fürchterliches Machwerk.“

GODLEY: „Obwohl …das Cover sah großartig aus!“ Doch schöne Platte hin, gute Musik her – die beiden haben schon wieder ganz andere Pläne. Der erste abendfüllende Spielfilm steht auf dem Programm: die Dreharbeiten zu „Howling At The Moon“ beginnen in diesen Wochen. Ein verrückter Western soll es sein, keine Komödie, aber mit Sachen zum Lachen. Es geht um die letzte Nacht John Wesley Hardings, jener schon von Bob Dylan besungenen „tragischen“ Figur, die Ende des vorigen Jahrhunderts in Texas lebte. CREME: „Mr. Harding war einer der letzten amerikanischen Revolverhelden. Bis zu seinem 25. Lebensjahr hat er 44 Leute gemeuchelt. Dann ging er 16 Jahre in Einzelhaft, studierte in der Zelle das Gesetz und startete dann eine Rechtsanwalt-Karriere in El Paso …“

GODLEY: ….. und gerade da kam so ein Arschloch und schoß ihm eine Kuqel in den Rücken.“

Was werden sie nach dem Film machen?

CREME: „(überlegt lange)… hmm, weiß ich gar nicht. Wir haben 21 Jahre auf die Chance gewartet, einen Spielfilm drehen zu dürfen. Da denkst du nicht weiter …“

GODLEY: “ Wir nehmen uns einen Tag frei… „

CREME: „… oder zumindest einen halben… „