Guru Guru’s Mani startet wieder!


Als Ende des vergangenen Jahres feststand, daß sich Guru Guru, eine der ältesten und populärsten deutschen Bands auflösen würde, konnten es viele nicht glauben. Kurz zuvor waren Mani und seine beiden Begleiter Hans und Ax noch Attraktion eines jeden Deutsch-Rock-Festivals gewesen. Nie zuvor waren sie so gut im Geschäft wie nach ihren 74er „Elektrolurch“-Auftritten. Mani Neumaier, Chef und Drummer der Gruppe und oft als „Indianer aus dem Odenwald“ verschrien, gab jedoch nicht auf. Dank einiger guter Freunde schaffte er es, mit viel Mühe und Arbeit ein paar Monate später, neue Leute zusammenzutrommeln. Und seit Mai dieses Jahres steht die endgültige Besetzung und die ersten Gigs der neuen Guru Guru ließen die alten Zeiten schnell vergessen.

Warum die alte Band nach so langer Zeit – sie bestand schon seit etwa 1969 – erst auseinanderbröckelte und dann zerbrach, führt Mani im großen und ganzen auf die Organisation und die Form des Trios zurück. „Das Trio-Konzept kann heute kaum noch einer bringen. Ich habe einfach vergessen, daß alle Gitarristen, die man kriegen kann, zu schwach sind. Die brauchen alle noch einen vierten Mann, um was zu bringen. Vielleicht war’s auch die Angst von mir, bei einem vierten Mann an Einfluß zu verlieren. Dabei hätte ich durch ihn eher noch mehr Freiraum erhalten“. Selbst nach dem Split mit Ax Genrich 1973 hielt man am Trio fest, was der Band dann auch schnell den Rest gab und mehr Ärger als Lorbeeren einbrachte.

Ego-Probleme

Da Mani auch das Management selbst erledigte, fehlte ihm oft die Zeit, sich um gruppeninterne Dinge zu kümmern. „Ich vergaß dadurch zeitweise völlig das eigentliche Konzept, und auch das Nachdenken wurde zu sehr vernachlässigt. Ich hätte sonst wohl überlegt, wie unsere Musikvorstellungen am besten zu verwirklichen gewesen wären. Und nicht zuletzt hätte ich mir nach Ax geeignetere Leute ausgesucht als gerade Conny und Houschäng.“ Ein Grund, den Mani nicht gerne erwähnt, gehört ebenfalls zum Scheitern: Die Ego-Probleme der einzelnen Musiker. Durch seine eigenwilligen, komischen Show-Einlagen auf der Bühne stand Mani meist im Mittelpunkt. Bei Ax hinterließ das mit der Zeit den Eindruck, er wäre Guru Guru und die beiden Mitmusiker so eine Art Backing-Group. „Ax war immer der Meinung, daß ICH das ‚Face‘ der Gruppe sei und sein müsse. Aber gleichzeitig kam er sich, rein emotional, ein bißchen komisch vor, wenn die Leute unten immer mehr auf mich abfuhren. Als Ax dann auch noch begann, mehr und mehr zu arrangieren, ging viel vom Spaß an der Sache verloren.“

Ein neuer Anfang

Mit den beiden Gitarristen-Nachfolgern, dem jazzigen Houschäng Nejadepur und dem melodisch-verklärten Conny Veit, zog Mani echte Nieten, was Guru Guru betraf. Houschäng blieb stur seinem Stil treu und ließ sich erst gar nicht auf eine Annäherung ein, während Conny rein menschlich überhaupt nicht zu Mani und Hans paßte. Ende ’74 war denn auch die letzte Spur eines guten Willens dahin. Frustriert trennten sich alle Beteiligten, und nur Mani blieb zurück, alleine und ziemlich demoralisiert. Zu allem Unglück wurde er dann auch noch krank. Als ihm viele Bekannte, Freunde und Kollegen jedoch immer wieder bestätigten, er müsse einfach weitermachen, faßte er neuen Mut. Die Vorbereitungen für seine Solo-LP, die dieser Tage auf den Markt kommt, begannen! Als besonderen Appetitanreger sammelte er seine besten Freunde um sich, fing eisern an zu proben, komponierte und fühlte sich dadurch gleich wieder viel besser. Insbesondere Helmut Hattler von Kraan bestärkte ihn immer wieder und spornte ihn an. „Die alte Plattenfirma wollte zuerst ja keine Platte mehr machen, als sie aber hörte, wer dabei mitmachen würde, hatten sie plötzlich doch Interesse. Sie rechneten anfangs wohl mit so einer Art Familienalbum . . . Jetzt bin ich also das Medium, das untereinander bekannte Musiker zusammenhält und darauf schaut, daß damit was Duftes passiert.“

Mani’s Solo-Album

Diese LP, die einen wirklich deutschen Titel bekommen hat („Guru Guru Mani und seine Freunde“), ist das Beste, was er je fabriziert hat. Dank einiger illustrer Gäste von Kraan und Karthago hat die Scheibe einen lockeren Swing erhalten, der den älteren Guru-Aufnahmen fehlt. Komponiert haben vor allem Mani selbst und das Hattler/Wohlbrandt-Gespann von Kraan, und es ist eine unheimlich heiße Platte geworden. „Für die neue Guru Guru-Formation ist diese LP natürlich Vor- und Leitbild und wahrscheinlich nicht nur für uns.“ In der Zeit, in der seine Solo-LP Formen annahm, war er schon auf der Suche nach neuen Leuten. Und seit Mai hat er sie beisammen: „Jogi“ Karpenkiel von Kollektiv am Baß, Roland Schaeffer von Brainstorm (Saxophon, Gitarre und Gesang) und den österreichischen Gitarristen Sepp Jandrisits. Allerbeste Begleitmusiker für Mani.

Viele Showeffekte

Mani: „Als mir damals im Januar alle sagten, ich müsse unbedingt weitermachen, erreichten mich auch unzählige Telefonanrufe und riesige Stapel von Fanbriefen, die mich ebenfalls zu überzeugen versuchten. An dieser Stelle möchte ich mich bei all diesen Leuten bedanken, die mich ermunterten, als ich es echt nötig hatte.“ Die neue Band steht also. Und was läuft sonst? „Wir sind dabei, ein fertiges Programm auf die Beine zu stellen. Viele Gags und Showeffekte werden eingebaut sein, neue Masken und viele Überraschungen, die in jeder größeren Stadt wechseln werden. Wir wollen alles in den Schatten stellen. Den ersten Auftritt, den wir hatten, spielten wir mit einem zwölfköpfigen Akkordeon-Orchester. Als die Band dann einstieg, klang es wie ein riesiges, modernes Radio-Orchester. Ich mußte ja irgendwas Irres bringen, weil alle dachten: Was macht denn der Mani jetzt – es hieß doch, es wäre alles am Arsch, und es gäbe Guru Guru nicht mehr. Die haben sich vielleicht gewundert …“

Der alte Elektrolurch

Im September ging die erste große Deutschland-Tour über die Bühne. Und wirklich, viele haben sich gewundert. Die Musik, die nicht mehr mit den alten Gurus zu vergleichen ist, hat allenthalben voll reingehauen, und die neue Besetzung wurde überall lautstark beklatscht. Das Stück vom „Elektrolurch“ wollten sie ja eigentlich nicht mehr spielen. Als sie aber ohne den „Lurch“ ihr Programm beendet hatten, erfolgte ein Sturm der Entrüstung. Der ganze Saal trampelte, schrie und pfiff, um den „Lurch“ zu hören. Da halfen keine Argumente mehr, die Leute waren gekommen, um das Stück zu hören, und sie würden nicht eher gehen, bis sie es gehört hatten. Was blieb anderes übrig! Der Lurch kam wieder, allerdings in einem neuen Gewand, mit neuen Arrangements. Gleichzeitig ist er aber der einzig verbliebene Tribut an die alte Formation.

Woody Woodpecker

Dafür gibt’s einige Songs vom Solo-Album und einen ganzen Haufen neuer Nummern. In „Woody Woodpeckers Dream“ zum Beispiel verkörpert Mani den allseits bekannten Trickfilmspecht, während die andern als Bäume und als Fliegenpilz auftauchen. Außerdem spielt ein großer Wurm mit. Der kriecht aus einem auf der Bühne gestapelten Holzstoß, auf dem Mani später sein Solo trommelt. In „From Another World“ präsentieren sie die irre Feuer- und Blitzshow. Mehr davon soll hier aber nicht verraten werden. Ebenfalls vom Solo-Album stammen „Sunrise“ und der „Chicken Rock“, der Rest aber wimmelt nur so von einmaligen, locker-rockigen Songs, die die Band in Gemeinschaftsarbeit gebastelt hat. Mit solch guten Musikern dürfte es wirklich kein Problem sein, Manis neu gesteckte Ziele in einer Rekordzeit zu erreichen. Wer immer noch an den alten Gurus hängt, sollte sich schnellstens die neue Gruppe anschauen.