Hall & Oates


Man durfte sich schon glücklich schätzen, an diesem Abend zu den Anwesenden zu zählen. Und das nicht nur, weil das billigste Eintrittsticket knackige 100 US Dollar kostete und man sich so ein gewisses Maß an Exklusivität erkaufen konnte. Immerhin war’s ein sogenannter Benefiz-Gig (in diesem Fall für den United Negro College Fund) – und heftige Gerüchte sprachen im Vorfeld dieser Veranstaltung von zwei besonderen Gästen, die das Duo auf der Bühne verstärken würden. Doch davon später.

UTFO als rappendes, breakdancendes Opening spielten den wirksamen Anheizer. Ihr Insider-Hit „Roxanne, Roxanne“ brachte den Saal zum Dampfen; und so abgestanden die Floskel auch klingen mag: Von UTFO wird man noch eine Menge hören.

Dann steigen die beiden „blue eyed soul boys“ aus Philadelphia auf die Bühne. Laut Billboard-Statistik sind Hall & Oates ja das erfolgreichste Zweiergespann der Charts-Geschichte was sich im Bühnen-Repertoire unweigerlich niederschlägt: Von frühen Songs wie „Sarah Smile“ oder „She’s Gone“ über „I Can’t Go For That“, „One On One“, „Adult Education“, bis hin zur letzten Single „Possession Obsession“ (übrigens einer der wenigen Momente, in denen der stets benachteiligte John Oates mal richtig den Mund aufmachen darf!)-jedes Stück ist bekannt durch Bühne, Funk und Fernsehen. Und so klingt jeder H&O-Gig zwangsläufig wie ein Greatest-Hits-Sampler. Auf Experimente läßt man sich nicht ein.

Doch zum Höhepunkt! Daryl Hall bittet David Ruffin und Eddie Kendricks auf die Bühne. Zusammen mit den beiden Original-Temptations folgt nun ein Paket edelster Nostalgie, ganz im Stile der klassischen Vokal-Vierer. Kendricks eröffnet mit seiner Fistelstimme „Get Ready“; leider hat auch hier der Zahn der Zeit kräftig genagt; Eddies Intonation hat schon lange nicht mehr jene Treffsicherheit vergangener Tage.

Ein Temptation-Hit jagt nun den anderen: „Ain’t Too Proud To Beg“, ein peitschendes „The Way You Do The Things You Do“ und das von David Ruffin wunderbar interpretierte, schmalztriefende „My Girl“ lassen die Soul-Seelen im Auditorium schmelzen.

Zum Abschluß des Konzerts übernimmt Daryl wieder das Ruder, um mit einer zu späten Ehren gekommenen Eigenkomposition einem würdigen Ausklang entgegenzusteuern. “ This is a song front our Voices-Album. It was recently done by an English artist and it’s called ‚Every time You Go Away’…“ Mister Hall läßt es sich nicht nehmen, seiner Geringschätzung für die erfolgreiche Coverversion zumindest andeutungsweise Ausdruck zu verleihen.

Doch dann legt er sich mächtig ins Zeug, preßt den Schmachtfetzen druckvoll aus seiner Kehle und demonstriert ungewollt, warum dieser Song erst aus dem Munde eines schüchternen Schmusebären derart abräumen konnte. Denn wer glaubt einem Arroganzling wie Daryl Hall schon solch wehleidige Zeilen…