Ich fahre jetzt viel umsichtiger


Smudo über eine erstaunliche Folge der Rennerei, über Boliden, Boxenluder und Greenpeace.

Was reizt dich am Motorsport?

Es ist sicher nicht die Geschwindigkeit als absoluter Punkt. Es kommt mir vielmehr darauf an, wie ich den Wagen beschleunigen und verzögern kann, und wie schnell ich mit ihm durch die Kurve fahren kann. Ein Auto schnell geradeaus steuern kann jeder Depp. Aber an einem gewissen Punkt nach der Kurve eine bestimmte Geschwindigkeit zu haben – das ist die Kunst.

Hattest du beim Rennen Schiss?

Nein, Schiss hatte ich nicht. Zweimal bin ich kurz erschrocken, weil ich beinahe in die Mauer gekracht wäre.

Mit Tempo 200 durch die Gegend zu brettem ist ja nicht ganz ungefährlich…

Es ist wesentlich gefährlicher, mit dem Auto auf der Autobahn zu fahren. Hier trägst du feuerfeste Unterwäsche, die Autos sind mit fetten Überrollbügeln und einem feisten Gestell gefertigt. Da muss man sich schon echt anstrengen, wenn man sich verletzen will.

Sieht das deine Mutter genauso?

Die freut sich, dass ich das mache. Meine Familie ist Formel-i-begeistert. Beim Porsche-Rennen habe ich sie allesamt mitgenommen, damit sie in der Boxengasse mitfiebern konnten.

Hat sich dein privater Fahrstil verändert, seit du Rennen fährst?

Ja, auf jeden Fall. Ich fahre jetzt viel umsichti- j ger als früher und sehe mehr den Verkehr um mich herum.

Bist du auf der Autobahn ein Drängier und Lichthuper?

Nee, der Drängier bin ich nicht, und die Typen mit ihren Lichthupen nerven mich auch kolossal. Was ich mache, ist rechts überholen, wenn alle links fahren und niemand rechts. Dann fahr ich kolonnenverkehrsartig.

Wieviel Punkte hast du in Flensburg?

Drei oder vier, wegen zu schnellen Fahrens…

Du bist bei Greenpeace engagiert. Wie läßt sich denn deine Rennleidenschaft damit vereinbaren?

Das klingt zwar lächerlich, aber man könnte ebenso behaupten, der Schwimmsport belaste die Umwelt. Da werden Hallen gebaut und viele Tonnen Wasser verchlort. Ich denke, der Mensch ist grundsätzlich in seinen Dingen, die er so macht, nicht gerade umweltschonend. Doch wo zieht man die Grenze? Alleine die Tatsache, dass Greenpeace nie eine ernsthafte Atkion gegen Autorennen geplant hat, zeigt, in welchem Verhältnis das zu ganz anderen Umweltsünden steht.

Stichwort Boxenluder – was läuft dennn auf diesem Sektor so alles ab?

Den Begriff hat die Bild-Zeitung erfunden, klasse! Tja, auf diesem Gebiet bin ich popstarmäßig besser verzweigt. Nach einem Konzert triffst du an der Bar im Regelfall die attraktiveren Mädchen.

Gibt es im Rennsport Parallelen zum Musikbusiness?

Ja, einige: Vitamin B.dass man ein netter Typ ist, dass man sich mit jedem auseinandersetzt, mit dem man zutun hat. Der Mechaniker entspricht dem Roadie – diese Leute lieben die Branche, werden mäßig bezahlt, sind aber für die Qualität des Fahrers beziehungsweise Musikers maßgeblich verantwortlich. Be nice to the people you meet on the way up, cause you’ll meet them on the way down – das klassische Show-Sprichwort gilt in diesem Zusammenhang genauso.

Was zeichnet eigentlich einen wirklich guten Rennfahrer aus?

Viele gute Rennfahrer sind ruhige, besonnene, disziplinierte Typen. Leute wie Irvine sind da eher die Ausnahmen. Wichtig ist auch die Kontinuität.

Du hast kürzlich auf der Ferrari-Teststrecke in Maranello Michael Schumacher kennengelernt. Wie war’s?

Wir haben gemeinsam gegessen, dann sind wir zusammen mit Jean Todts Maserati ein paar Runden auf derTeststrecke gefahren – zuerst Schumacher, dann ich. Wir fuhren also auf die Kurve zu, ich dachte, ich sei gar nicht schnell dran, aber er sagte: Langsam, langsam, LANGSAMI’lch dachte mir, wenn der Weltmeister ‚langsam‘ sagt, dann tritt man lieber auf die Bremse.

Hast du dich gefürchet, als du bei Schumacher mitgefahren bist?

Nein, der strahlt eine derartige Ruhe aus, der weiss genau, was er macht. Der ist mit dem Maserati auf die Kurve zugefahren, ist dann plötzlich in die Eisen gestiegen, und als der Wagen etwas ausscheren wollte, hat er eine kleine Korrekturbewegung gemacht, perfekt. Das war voll am Limit. Der sitzt auch im Kart wie an einem Schreibtisch, mit geradem Kreuz. Ich weiß nicht, wie bei dem die Synapsen verdrahtet worden sind.

Was fällt dir aus dem Stand zu Formel-i-Champ Mika Häkkinen ein?

Das ist ein farbloser Charakter. Dass jemand das sterile Image bewundernswert findet, begreife ich nicht. Das ist ein leidenschaftlicher Sport, und da wird eine Weltraumfigur draus gemacht.