Missbrauchsvorwürfe

„Ich tu dir weh“: Sexuelle Gewaltfantasien in den Texten von Till Lindemann


Dass Rammstein-Sänger Till Lindemann wegen seiner teils explizit von Gewalt handelnden Texte immer wieder mal im Kreuzfeuer der Kritik steht, ist nichts Neues. Durch die Missbrauchsvorwürfe bekommen einige seiner Stücke allerdings eine ganz neue Brisanz.

Durch die Missbrauchsvorwürfe gegen Rammstein-Frontmann Till Lindemann (die Band weist die Vorwürfe zurück) gerät nun auch sein lyrisches Schaffen zunehmend unter Beschuss. Natürlich gilt es in der Kunst, zu beachten, dass das lyrische Ich nicht mit dem Autor gleichzusetzen ist. Fest steht aber, dass in Lindemanns Texten immer wieder explizite Gewaltfantasien aller Art vorkommen — darunter auch Beschreibungen von sexuellem Missbrauch und Erniedrigung.

Neues Rammstein-Statement: „Vorwürfe haben uns alle sehr getroffen“

„Ich tu dir weh“ (2009)

„Ich tu dir weh“ erschien 2009 auf dem Album „Liebe ist für alle da“. Das Video des Songs, für das der schwedische Regisseur Jonas Åkerlund verantwortlich zeichnete, wurde (wie auch die Vorgängersingle „Pussy“) auf einer Pornovideo-Plattform veröffentlicht. Der Inhalt des Songs: Sadomasochismus-Fantasien, die in den Augen vieler Kritiker*innen einen Beigeschmack der Entmenschlichung des Sexualpartners haben. „Du blutest für mein Seelenheil /Ein kleiner Schnitt und du wirst geil / Der Körper schon total entstellt / Egal, erlaubt ist, was gefällt“, heißt es in dem Stück etwa — und später im Chorus: „Ich tu‘ dir weh / Tut mir nicht leid / Das tut dir gut / Hör wie es schreit“. Zeilen wie diese (sowie eine gewalttätige Darstellung im Booklet des Albums) veranlassten die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften, das Album auf den Index zu setzen. Das Lied sei „verrohend“ und „sittenwidrig“ und gefährde die Entwicklung von Jugendlichen, so das damalige Urteil — gegen das die Band juristisch ankämpfte.

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„Knebel“ (2019)

Auch in „Knebel“ (erschienen 2019 auf dem Lindemann-Album „F & M“) findet man mehrfach sadomasochistische Gewaltfantasien. Darin heißt es etwa: „Ich mag die Tränen auf deinem Gesicht Ich mag mich selber, mag mich selber nicht / Das Herz ist gebrochen, die Seele so wund / Und du schaust mich an / Mit einem Knebel in dem Mund“. SM-Ästhetik ist freilich etwas, das nicht nur in Lindemanns Texten, sondern auch in anderen Aspekten seiner Selbstdarstellung immer wieder vorkommt. Beispielsweise erschien er 2018 zu einer Autogrammstunde in Moskau mit einer von mehreren Medien als „SM-Hundedame“ bezeichneten Frau, die er an der Leine führte.

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„Bück dich“ (1997)

Sexuell sehr explizit Text geht es in dem Stück „Bück dich“, erschienen 1999 auf demm Rammstein-Album „Sehnsucht“, zur Sache. „‚Bück dich!“, befehl‘ ich dir‘ / Wende dein‘ Antlitz ab von mir / Dein Gesicht ist mir egal / Bück dich!“, singt Lindemann darin.

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„Weisses Fleisch“ (1995)

In „Weißes Fleisch“ lauert das Lyrische Ich seinem Opfer auf dem Schulhof auf — und ergießt sich in seine Vergewaltigungsfantasien. „Ich werd immer geiler von deinem Gekreisch / der Angstschweiß da auf deiner weißen Stirn / hagelt in mein krankes Gehirn“ heißt es in dem Text.

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„Wenn du schläfst“ (2020, Gedicht) 

Zu guter Letzt wollen wir uns keinem Songtext, sondern einem Gedicht Lindemanns widmen. Der Aufschrei war 2020 groß, als Lindemann „Wenn du schläfst“ veröffentlichte. In seinem Lyrikband „100 Gedichte“ zu finden, konnte das Gedicht durchaus als Vergewaltigungsfantasie gelesen werden. „Ich schlafe gerne mit dir, wenn du schläfst / Wenn du dich überhaupt nicht regst“, heißt es darin etwa. „Etwas Rohypnol im Wein (etwas Rohypnol ins Glas) / Kannst dich gar nicht mehr bewegen. / Und du schläfst, es ist ein Segen.“

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Das Gedicht sorgte für eine heftige Debatte. Lindemanns damaliger Verlag Kiepenheuer & Witsch, über den besagte Gedichtsammlung erschien, argumentierte damals in einem Statement, dass Lindemann „Phänomene der Gewalt und der toxischen Männlichkeit“ untersuche und diese „in überzeichneter, greller, mal satirischer, mal brutaler Manier in seiner Kunst zur Schau“ stelle. Im Zuge der aktuellen Vorwürfe trennte sich der Verlag nun vom Musiker.