Igggy Pop


New Haven, Toad's Place

Wenn der ungebändigte Haufen beinharter Iggy-Fans, der sich im ebenso ehrwürdigen wie verkommenen Toad’s in New Haven versammelt hatte, eine wüste Show erwartete, dann wurde er bestens bedient. Wer allerdings auch musikalisches Chaos erhoffte, wurde bitter enttäuscht. Iggy kehrte auf der Bühne den Gesunden heraus, wenig erinnerte an die selbstzerstörerischen Exzesse des früheren Vorzeige-Nihilisten.

Dafür zeigte sich ein an Körper und Geist genesener Iggy als schwitzendes Rock’n’Roll-Tier, manisch, magisch und faszinierend durchtrainiert. Von den Fesseln Bowie’scher Song-Kunst befreit, steht Pop heute wieder auf straffe, ungekünstelte Arrangements, die er ohne Schnörkel und mit kleiner Begleitung umsetzt. Entscheidender Helfer ist dabei der Ex-Hanoi Rocks-Gitarrist Andy McCoy, der auf seinen Saiten alle Sound-Register von ätzend schräg bis brachial metallisch zieht.

Der wichtigste Geburtshelfer für die neue, harte Pop-Gangart, der ehemalige Sex Pistols-Gitarrist Steve Jones, springt als Überraschungs-Gast bei „Cold Metal“, einem autobiographischen Pop-Song von der aktuellen LP INSTINCT, auf die Bühne und schrubbt sich unter dem Gejohle des schweißgebadeten Publikums in Ekstase. Mit dem letzten Ton ist Jones, wie ein Spuk, auch schon wieder verschwunden.

Jetzt kommt Iggy erst richtig in Fahrt: Mit wild rudernden Armen macht er die Fans an, demonstriert durch athletische Bewegungen auch optisch den Wechsel vom Punk- zum Power-Rock. „Streng Girl“, eine verkappte Hommage an seine japanische Frau, die entscheidenden Einfluß auf Iggys Wandlung hatte, trägt Iggy inbrünstig vor, um gleich darauf mit „Power & Freedom“ wieder mit Volldampf abzuheben.

Natürlich muß auch die neue Pop-Show einen theatralischen Höhepunkt haben: Schweißnaß hält der Meister inne und verkündet dem Volk den Wandel seiner Sinne: „Früher war ich ein Idiot, der glaubte, nur Drogen und Schnaps machen high. Heute werde ich high an eurer Begeisterung!“ Sprach’s und brachte eine überlange Version von „High On You“.

Das Volk ist hingerissen, Iggy spielt den Stage-Diver und läßt sich seine Jeans-Weste in Stücken vom nackten Oberkörper reißen. Zum Abschluß ein Rückfall in die alten Zeiten: „I Wanna Be Your Dog“ bellt Iggy von der Bühne, kriecht auf allen Vieren über die Bretter und wedelt mit dem (imaginären) Schwanz…