Jared Leto im Interview: „Jeder soll das anziehen, worauf er oder sie Lust hat!“


Es gibt kaum jemand, der als Schauspieler und Musiker so erfolgreich ist. Seit den 90ern hat Jared Leto mit Regisseuren wie David Fincher und Oliver Stone gearbeitet. Ebenso gut läuft es mit seiner Band 30 Seconds To Mars. Deren Anfänge als Indie-Band und Nebenprojekt liegen lange zurück. Heute füllt die Band ganze Stadien. Interview von Hans Bussert.

Er ist einer von Hollywoods Mehrfachbegabten. Er hat in „Fight Club“, „American Psycho“ und „Requiem For A Dream“ gespielt und scheut sich nicht vor schwierigen Rollen: In „Dallas Buyer’s Club“ spielte er an der Seite von Matthew McConaughey eine HIV-positive Transfrau. Aktuell ist er in der Fortsetzung von „Blade Runner“ zu sehen. Musikalisch steht das fünfte Album von 30 Seconds To Mars an, die Band befindet sich auf Promo-Tour. So auch in der Nacht vor dem Interview. Da machten 30 Seconds To Mars mit einem von Wärmebildkameras übertragenem Auftritt bei den VMAs von sich reden. Doch neben seinen Hauptjobs als Schauspieler und Sänger fällt Jared Leto seit einiger Zeit auch durch seinen starken modischen Willen auf.

Was trägst du gerade?
Ein T-Shirt und Jeans.

Kein Gucci?
Nein.

Das ist für dich eher ungewöhnlich, oder? Man sieht dich viel in Gucci und auch in der Strecke für diese Geschichte trägst du kaum etwas Anderes.
Eines vorweg: Ich habe einen Deal mit denen. Das sind Geschäftspartner. Darüber hinaus verstehe ich mich sehr gut mit Alessandro Michele, dem Kreativdirektor. Er ist ein angenehmer Typ – sehr herzlich, sehr aufmerksam. Und wir lachen viel. Er ist mir echt ans Herz gewachsen.

Auch ästhetisch scheint ihr auf einer Wellenlänge zu liegen.
Das stimmt. Bei Gucci sind sie wahrscheinlich sehr happy, mit mir zu arbeiten, weil ich Teile trage, die anderen zu crazy sind. Mir macht das Spaß. Wie gestern auf dem Roten Teppich. Da hatte ich ein Pailletten-Cape an. Und warum auch nicht? Was den Dresscode angeht, war man als Mann bei solchen Events bis vor Kurzem sehr eingeschränkt. Dank Gucci habe ich jetzt ein paar mehr Optionen. Das gilt übrigens auch für meine Bühnen-Outfits. Da trage ich nämlich am liebsten Kleider. Unter anderem auch aus praktischen Gründen. Ich kann mich darin freier bewegen.

Ist Gender-Fluidität ein Thema für dich?
Ich will das gar nicht so hoch hängen. Es ist einfach so, dass ich vor ein paar Jahren für ein solches Outfit auch von einigen Medien noch heftig kritisiert worden wäre. Macht euch locker – jeder soll einfach das anziehen, worauf er oder sie Lust hat. Hauptsache, man fühlt sich wohl damit. Letztendlich sind es aber auch nur Klamotten. Die sind das Mindeste, was man sich erkämpfen sollte. Wie kann man die großen, anderen Risiken im Leben angehen, wenn man nicht einmal das anziehen kann, worauf man Lust hat?

In den 90ern hast du in „Willkommen im Leben“ mitgespielt. Die Serie gilt heute als ein wichtiger Beitrag zum Identitätsdiskurs. Gab es damals im Umfeld des Teams schon ein Bewusstsein dafür?
Überhaupt nicht. Aber wenn es so ist, umso besser. Die größere Leistung erbringen aber jene, die selbst um die Definition ihrer Identität kämpfen müssen. Deshalb sind die wahren Helden für mich die Betroffenen, die sich trauen – auch in einem schwierigen Umfeld – darüber zu sprechen. Ein Freund hat mir kürzlich von seiner geplanten Transition erzählt. Das war nicht leicht für ihn und ich fand das sehr mutig. Man kann den Mut dieser Menschen nicht hoch genug anerkennen.

Wir sollten wohl noch ein wenig über deine Musik reden. Ihr habt viereinhalb Jahre an eurem neuen Album gearbeitet. in „Walk On Water“, eurer ersten Single, gibt es Zeilen wie „The far right, the left view“. Wie politisch sind die neuen 30 Seconds To Mars?
In dem Song geht es einfach um die Zeit, in der wir leben. Es geht um Veränderung und darum, für die Dinge zu kämpfen, an die man glaubt. Das ist unser Kommentar zum aktuellen gesellschaftlichen Geschehen. „Walk On Water“ ist stark von Gospelmusik inspiriert und deren traditionelle Funktion war schon immer die Thematisierung gesellschaftlicher und politischer Missstände.

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Eignet Musik sich besser als Mode, um komplexe Themen zu verhandeln?
Mit Musik ist es leichter. Zumindest, wenn man Songtexte schreibt. Aber natürlich kommuniziert auch ein Modedesigner mit seiner Umwelt. Einige Modemacher sind sogar sehr gut darin, sich mit ihren Kollektionen zum Zeitgeschehen zu äußern. Am Ende aber geht es um Kreativität. Ob man nun Mode macht oder Musik – der Ausdruck zählt.

Das Interview mit Jared Leto und die Fotos sind zuerst in der neuen Ausgabe von musikexpress STYLE erschienen.

Adam Fedderly Musikexpress Style
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