„Je später es ist, desto trashiger wird die Musik“ – Jungdesigner Hien Le im Interview


2012 verlieh Musikexpress Hien Le den MUSIKEXPRESS STYLE AWARD für das beste Newcomer-Modelabel. Im Interview mit Jan Joswig verrät er, mit welcher Musik er aufgewachsen ist und welche Künstler er gern mal einkleiden würde.

Am 10. Oktober 2013 ist es wieder soweit. Bereits zum 9. Mal zeichnet der MUSIKEXPRESS herausragende Personen und kreative Leistungen im Bereich Mode, Musik und Stil aus. Hier findet Ihr alle Infos zur Veranstaltung.

Polica performen, Michael Mayer legt auf.

Hier ein Interview, das wir mit eine, der Preisträger des letzten Jahres führten:

Der Berliner Fetzenlook der Jahrtausendwende ist längst Geschichte. Die neue Generation von Modedesignern setzt auf Klarheit und verdeckte Raffinesse. Der gebürtige Berliner Hien Le gilt mit seinen selbstbewusst unreißerischen Entwürfen als die Lichtgestalt dieser neuen Schule. Der Musikexpress zeichne­te ihn beim MUSIKEXPRESS STYLE AWARD 2012 als bestes Newcomer-Label aus. Zur Verleihung hatte sich Hien Le Frank Oceans schwelgerische Noblesse gewünscht. Aber sonst deckt sich sein Musikgeschmack wenig mit der minimalistischen Eleganz seiner Kollektionen.

Deine Mode wirkt so, als ob im Atelier meditative Ruhe herrschen würde?

Es ist nie still im Studio. Tagsüber höre ich viel Radio Eins, viel Mainstream, viel Ge­laber. Angenehm zum Arbeiten. Abends kommt Spotify. Je später es ist, desto trashiger wird die Musik. Von Beyoncé über Justin Timberlake bis Backstreet Boys oder N’Sync. Hauptsache, man kann mitsingen.

Wie bist du musikalisch sozialisiert?

Ich bin mit MTV aufgewachsen, seit ich sieben oder acht bin. Ich musste für eine ältere Cousine Videos aufnehmen. Was ihr gefiel, gefiel mir auch: Mel & Kim, Wham!. Mit zehn wechselte ich zu Michael Jackson und Paula Abdul, mit 16 kam R&B, HipHop. An Musik kann man gut ablesen, wie man sich verändert. Als Teenager konnte ich nichts mit den Smashing Pumpkins anfangen. Jetzt habe ich „Tonight, Tonight“ begeistert zum Finale meiner Show bei der Berlin Fashion Week ausgewählt.

Waren Musiker auch Modevorbilder?

Ich wollte in den Neunzigern lockige Strähnen haben wie Michael Jackson, die ich mir mit Lockenwicklern gedreht habe … aber Modedesigner waren immer wichtiger für mich. Schon mit zwölf wollte ich in die Moderichtung gehen. In den Neunzigern fand ich auch Dolce & Gabbana und Versace gut. Den Trubel um sie herum. Sie waren keine Stilikonen für mich, sondern Popstars.

Das heißt, du orientierst deine Kollektionen nicht an musikalischen Vorbildern?

Musik inspiriert mich und begleitet mich jeden Tag, aber sie überträgt sich nicht unmittelbar auf meine Kollektionen. Zu Hause hatte ich früher viele Poster von Musikern hängen, aber am Moodboard im Studio kein einziges. Ich mag bei meinen Looks gerade breite Schultern, die kommen aus den Achtzigern! Aber Mel & Kim würde ich nicht dafür verantwortlich machen.

Gibt es Musiker, die du gerne einkleiden würdest?

Oh ja! Frank Ocean zum Beispiel. Außerdem bin ich seit Teenagertagen großer Vanessa-Paradis-Fan. David Bowie, Charlotte Gainsbourg und Yukimi Nagano von Little Dragon stehen auch ganz oben auf der Liste. 

Das Interview ist im aktuellen Musikexpress erschienen.