Jörg Pilawa: „Winnetou aus dem Regel zu nehmen, wäre Blödsinn“


Man müsse heute kommentierte Ausgaben herausbringen, „wo man eben aufklärt und erzählt was los ist“, so der Moderator. Am Montag hat der Ravensburger-Verlag die Auslieferung zweier Winnetou-Bücher wegen Vorwürfen der kulturellen Aneignung gestoppt.

Die Debatte um kulturelle Aneignung macht auch vor Winnetou nicht Halt: Nachdem der Ravensburger-Verlag entschieden hat, zwei Bücher über den Apachen-Häuptling aus dem Programm zu nehmen, ist in Deutschland ein heftiger Streit entbrannt. Nun hat sich auch Jörg Pilawa zu Wort gemeldet: „Also Winnetou aus dem Regel zu nehmen, wäre völliger Blödsinn. Man muss heute kommentierte Ausgaben rausbringen, wo man eben aufklärt und erzählt was los ist“, sagte der Moderator am Mittwoch (24. August) im Sat.1-Frühstücksfernsehen.

Pilawa fordert Trennschärfe – und kommentierte Ausgaben

Er fuhr fort: „Ansonsten müsste man Ravensburger fragen: ‚Was treibt den Verlag, 2022 so ein Buch rauszubringen und sich nicht zu fragen, ob es vielleicht komisch sein könnte?‘ Aber dann reflexartig zu reagieren, wenn es ein bisschen Protest gibt und es wieder rausnehmen…“ Zudem forderte der Hamburger Trennschärfe in der Debatte: Es gebe einen Unterschied, ob 2022 ein Buch auf dem Markt komme, „in dem immer noch von Indianern gesprochen wird“ – oder ob Karl May Winnetou im Jahre 1893 geschrieben habe.

Seiner Meinung nach hätte man die Ravensburger-Bücher „kommentiert im Angebot belassen“ können. „Das Buch jetzt einfach so rauszunehmen bringt den First Nations und Amerika gar nichts, weil wir dann nicht weiter diskutieren. Wir müssen aber über das Thema diskutieren und das geht nur, wenn wir diese Bücher haben“, so der 59-Jährige.

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Sich scheidende Geister

Für den Karl-May-Experten Andreas Brenne sind die auf den Kinderfilm „Der junge Häuptling Winnetou“ basierenden Bücher unbedenklich: „Ich halte es für nicht richtig, ein solches Buch nur aufgrund eines Shitstorms aus dem Verkehr zu ziehen“, sagte der Kunstpädagogikprofessor der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Dabei werde schon in einer Vorbemerkung klargestellt, dass das Buch als fiktionale Geschichte und nicht als sachgerechte Darstellung des Lebens indigener Völker zu verstehen sei.

Damit hat er ein Kernargument der Kritiker des Winnetou-Stoffs aufgegriffen. Sie behaupten, dass das Leben von Indigenen in den Erzählungen romantisiert werde: Weiße Menschen würden sich einer Kultur bedienen, die nicht ihre eigene ist. Problematisch sei das vor allem, wenn Mitglieder der Mehrheitsgesellschaft einzelne Elemente der Kultur einer Minderheit kommerzialisieren und aus dem Zusammenhang reißen. Auch der Ravensburger-Verlag erklärte im Zuge des Verkaufsstopps, man wolle „keine verharmlosenden Klischees wiederholen und verbreiten.“

+++Dieser Artikel ist zuerst auf rollingstone.de erschienen+++

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