Judas Priest


Diese Metal-Matadore aus England einen ihre seit Dekaden loyale Klientel immer wieder unter dem Banner des krassen Anachronismus: Während sich die junge Garde des Heavy Metal mit Vorliebe in zerschlissenen Jeans, verwaschenen T-Shirts und ausgelatschten Turnschuhen zeigt, sperrt sich Judas Priest gegen jedweden zeitgeistlichen Einfluß. Diese Briten bevorzugen historischen Mummenschanz.

Wie weiland die Ritter von König Artus‘ Tafelrunde nahmen die Judas-Priester das Publikum gleich zu Beginn in den Schwitzkasten. Statt edler Rösser indes wieherte eine betagte Harley Davidson, und Sänger Rob Haiford rasselte, auf dem Gefährt thronend, mit seinem Kettenhemd, während er bekannte, er sei „Hellbent For Leather. Das Haupthaar bis nahezu zur Glatze geschoren und nach harter Diät aufs Idealgewicht abgemagert, wurde Ritter Rob seiner Rolle als stimmgewaltiger Einpeitscher auf Anhieb gerecht. Jedoch nicht das simple Singen war sein Ding. nein, weit gefehlt: Er schrie und stöhnte und prügelte dem gaffenden Mob seine Litaneien wie „Electric Eye“ oder „The Senrinel“ wie verbale häretische Geißelhiebe in die Knochen und ins Gemüt. Ihm zur Seite standen zwei Lederknappen — der wackere K. K. Downing zur Rechten. Sir Glen Tipton zur Linken. Und beide ergingen sich auf ihren Gitarren in satanischen Speed-Orgien, ohne indes der traumwandlerischen Harmonie abzuschwören. Die drei Haudegen schalteten und walteten auf der nüchtern dekorierten Buhne, wie sie gerade wollten, und erteilten solchermaßen den Fans liebwerte Lektionen im simultanen Headbangen. Der wohlbeleibte Ian Hill am Baß sowie der muskulöse Scott Travis an den Drums dosierten und forcierten mit steter Hingabe den Rhythmus. Querbeet durch die Wunderwelt ihrer zahlreichen Tonkonserven ging die musikalische Gralssuche, wobei so manchem Mitpilger gewiß das eine oder andere Lichtlein aufging: Das Heavy-Metal-Bekenntnis der Priester ist bei Licht betrachtet lediglich ein Ableger des typisch britischen Rhythm & Blues der 60er Jahre, den sie mit riesigen Sound-Wällen aufplustern. So wenig neu diese Methode ist. so wenig überraschend war auch die Begeisterung des Publikums, als die anachronistische Show nach 75 Minuten in die erste Verlängerung ging.