Junip


Mit Junip kehrt José González zurück zu seiner Band aus Teenagerzeiten. Was lange währt, wird endlich gut

Wenn man José Gonzalez, Tobias Winterkorn und Elias Araya vor zehn Jahren gesagt hätte, dass das Debütalbum ihrer Band im Jahr 2010 erscheint, hätten sie einen vermutlich ausgelacht. Und hätte man erwähnt, dass der entscheidende Grund dafür eine astreine Erfolgsgeschichte ist, hätten sie einen wahrscheinlich für verrückt erklärt.Gonzalez, Winterkorn und Araya machen seit Teenagertagen zusammen Musik, erst unter wechselnden Namen in der Göteborger Hardcoreszene, dann Ende der 90er mit der Band, die die ausgetretenen Punkpfade verlassen soll: Junip, ein Wohnzimmerprojekt aus Gitarre, Drums und Orgel, das mit großer Ambition an den Start geht. „Wir wussten immer, dass wir der musikalischen Landschaft etwas Neues hinzuzufügen haben,“ sagt José Gonzalez heute. Es war alles da, was es für einen Senkrechtstart braucht, und dann kam doch alles anders. Ein erster Albumversuch scheitert im Jahr 2000 daran, dass das Ergebnis „einfach nicht besonders gut geklungen hat.“ Drummer Elias Araya beginnt, in Finnland und Norwegen Kunst zu studieren. Keyboarder Tobias Winterkorn gründet eine Familie und beginnt, als Lehrer zu arbeiten. Und José Gonzalez – der macht Karriere.Sein erstes Soloalbum „Veneer“ macht ihn 2003 in Schweden zum Star, sein minimalistischer Songwriterpop aus spanischer Gitarre und an Chet Baker geschultem Gesang trifft den Nerv einer Nick-Drake-süchtigen Hörerschaft, und ein feines Händchen für die richtige Coverversion zur rechten Zeit öffnet das Tor zum internationalen Erfolg: Die Reinterpretation des The Knife-Stücks „Heartbeats“ schafft es in einen Sony-Werbespot und katapultiert José Gonzalez mit einem Mal in die Klingeltoncharts. Zwischen den obligatorischen Tourneen ihres plötzlichen Starsängers unternehmen Junip 2005 den nächsten Anlauf, der dank Zeit- und Songmangel über die EP „Black Refuge“ nicht hinaus kommt. Soloalbum Nummer 2 „In Our Nature“ – vielbeachtete Coverversion diesmal: „Teardrop“ von Massive Attack – tut das Übrige, um das vernachlässigte Bandprojekt auf die lange Bank zu schieben. Aber diesmal ist der Wille da: „Ich wusste, nach einem Jahr Tour nehme ich mir Zeit für Junip“, und tatsächlich findet José Gonzalez endlich Muße für den lang gehegten Bandtraum.2008 werden Junip endlich Wirklichkeit: Das alte Material wird komplett verworfen, und in selbst auferlegter Klausur erjammen José Gonzalez, Tobias Winterkorn und Elias Araya sich ihr überfälliges Album. „Wir haben Neu! und Can gehört und Musik aus Nigeria und Ghana, und so ähnlich haben wir die Songs auch entwickelt: Indem wir eine Idee immer und immer wieder gespielt haben.“Immer und immer wieder: Das scheint das Grundmotiv von Junip zu sein, einer Band, die warten kann und nochmal warten, drüber reden und nochmal drüber reden, und dann eine Idee in die Tat umsetzen, die zehn Jahre gereift ist. „Eine faule Band“, sagt José Gonzalez.

Michael Wopperer – 20.09.2010