Katzen und Fratzen! Die geheime Bildsprache der Musik


Einst spielte man Platten rückwärts ab, um satanische Botschaften zu entdecken. Wer heute Songs zu Bildern wandelt, wird staunen.

Das unbestimmte Etwas, das wir als „Satan‘ bezeichnen, fasziniert den Menschen seit Jahrtausenden. So sehr regt diesesThema seine Phantasie an, dass auch und gerade das weite Feld der Pop-Kultur von den furchtsamen Christen, den Okkultisten, besorgten Eltern, Wissenschaftlern und nicht zuletzt den Spaßvögeln beständig nach „satanischen“ Zeichen abgesucht wurde und bis heute wird. Mit viel Eifer stürzte man sich in diesem Zusammenhang in den 8oer- und 9oer-Jahren auf ein Phänomen, das als „Backwards Masking“ oder „Backwards Messaging“ bezeichnet wurde. Wenn man bestimmte Stellen einer Schallplatte rückwärts abspielt, so lautete die Theorie, höre man die gemeinen, bisweilen teuflischen, immer aber geheimen Botschaften der Musiker. Dieser Diskurs führte zu kuriosen gerichtlichen Verhandlungen (www.rivetheads.com/fbands/JudasPriest.html) und zahlreichen zerstörten Plattenspielern- nicht jeder hatte einen Technics „1210er“ zu Hause. Im Internet lassen sich die wichtigsten Beispiele von vermutetem und belegtem „Backwards Messaging“ heute abrufen, ohne dass Abspielgeräte misshandelt werden müssen. Einen Besuch wert ist in diesem Zusammenhang www3.telus.net/jefmil/stairwaybackwards.htm mit Beispielen wie dem „Pockemon Rap“ („I love Satan!“). Wirklich brillant aber ist www.triplo.com/ev/reversal, wo das Phänomen genauestens erleutert wird und sich neben allen berühmten Beispielen von Led Zeppelin, Queen und den Beatles auch die versteckten Lobpreisungen an Gott in „Darling Nikki“ auf PURPLE RAIN von Prince downloaden lassen.

Weit weniger bekannt aber wesentlich aktueller ist das Phänomen der Spektrogramm-Bilder, die in den digitalen Umwandlungen einiger Songs entdeckt wurden. Das prominenteste Beispiel hat mit Track #2 auf der CD WINDOWLICKER von AphexTwin zu tun. Wer ein wav-File des Songs von geeigneten Programmen visuell darstellen lässt, wird am Ende des Tracks ein dämonisches Gesicht entdecken, dass den maskenhaften Fratzen ähnelt, die Aphex Twin auch in seinen Videos so effektvoll einsetzt. In dem kurzen Outro der CD SONGS ABOUT MY CATS von Venetian Snares ist außerdem das Bild von Katzen eingearbeitet. Details können unter www.bastwood.com/aphex.php nachgelesen werden. Was passieren kann, wenn man sich zu lange mit diesem Thema befasst, zeigt das Beispiel von Lauri Gröhn: Der Finne wandelt auf seiner Homepage www.synestesia.com unzählige Fotos von Landschaften und Ereignissen (darunter auch Bilder vom Einsturz des World Trade Centers am 11.September 2001) in „Musik“ um. Wer selbst auf CDs nach Bildern suchen will, braucht dazu Wave-Editoren, die eine Spektralanalyse-Funktion haben. Ein geeignetes Shareware-Programm für Windows ist „Spectrogram“.