Keith Emerson – „Meine erste Liebe ist das Piano“


ME: Emerson, Lake & Palmer besitzen seit kurzem ihre eigene Plattenfirma. Warum?

Keith: Wir, das heisst ELP, sind mit unserer Stamm-Firma Island Records schon zufrieden. Weil wir aber viele gute, jedoch noch unbekannte Bands kennen, denen wir etwas helfen möchten, haben wir Manticore Records, unsere eigene Firma gegründet. Sie arbeitet eng mit Island zusammen, der Unterschied ist nur, dass wir jetzt etwas mehr zu sagen haben.

ME: Warum ist es in England für neue Gruppen schwieriger geworden?

Keith: Es gab mal eine sehr gute Club-Scene hier. Aber diese kleinen, gemütlichen Schuppen gibt es kaum noch. Heute muss man schon im Vorprogramm einer bekannten Gruppe auf Tour gehen, um sich einen Namen zu machen, doch das Publikum beachtet diese Vorgruppen häufig zu wenig. Ich denke, unser neues Platten-Label wird die Situation ein wenig verbessern.

ME: Hält die Arbeit mit dem neuen Label Dich, Greg und Carl nicht zu sehr von der Musik ab, die ihr doch auch in Zukunft noch machen wollt?

Keith: Wir waren natürlich so schlau, uns die Arbeit von einigen Freunden abnehmen zu lassen, denn die ELP-Musik bleibt das Wichtigste für uns. Meine erste Liebe ist das Piano. Lediglich Greg (Lake) kümmert sich selbst ein bisschen um Manticore.

ME: Seit Trilogy‘ gibt es nichts Neues auf Platten von ELP. Kommt bald ne neue LP?

Keith: Im Moment arbeiten wir an einem neuen Album und wenn ich so nachdenke, glaube ich, haben wir es bereits zur Hälfte aufgenommen. Früher war es so, dass unsere letzte LP noch in den Hitparaden war, als wir schon die Nächste rausbrachten. Inzwischen lassen wir es ein bisschen langsamer gehen. Wir können es uns leisten mehr Zeit zu investieren, schliesslich sollte jedes neue Album einer Gruppe auch deren musikalischen Fortschritt aufzeigen.

ME: Wie wird man diesen Fortschritt auf der nächsten ELP-LP merken?

Keith: Nach ‚Trilogy‘ passierte erst einmal sechs Monate lang garnichts. Dann überlegten wir uns, das Greg nicht nur Bass, sondern wesentlich mehr Gitarre spielen sollte. Das heisst, dass ich den Bass-Part jetzt zusätzlich auf dem Moog oder auf der Orgel spiele. Der Sound ist dadurch viel voller geworden. Wir klingen jetzt eher wie eine Vier-Mann-Band.

Neuer Sound

ME: Keith, vielleicht solltest Du den neuen ELP-Sound doch etwas näher beschreiben.

Keith: Das ist garnicht so einfach, aber ich werde es versuchen. You see, viele unserer Kritiker halten uns zwar für enorm talentiert, gleichzeitig aber auch mathematisch berechnend, ja beinahe für Maschinen, die ohne jeden Einsatz von Gefühl funktionieren. Um diesen Leuten zu beweisen, dass sie Unrecht haben, wollen wir erst mal für eine Weile nicht noch komplizieter spielen, als wir es ohnehin schon tun, damit sie den Anschluss an unsere Musik nicht verlieren. Unsere neuen Songs basieren auf sehr einfachen Musik-Schemas. Einige rhythmische Sachen darin klingen beinahe wie afroamerikanische Gospel-Songs. Einmal haben wir sogar mit dem Gedanken gespielt, zusammen mit einem Gospel-Chor Aufnahmen zu machen, doch am Ende kamen wir zu dem Schluss, dass wir Drei auch ohne Chor in der Lage waren, den Sound herzustellen, der uns vorschwebte. Die Songs, die dabei herauskamen, klingen alle sehr fröhlich, sie sind auch nicht zu kompliziert, sodass jeder eigentlich etwas damit anfangen kann.

ME: Kannst Du schon sagen, wie das neue Album heissen wird?

Keith: Nein, ich hab‘ noch keine Ahnung. Musikalisch habe ich schon eine sehr genaue Vorstellung davon, aber der Titel kommt meistens erst ganz am Ende. Mich interessiert er auch nicht sehr. Ich hätte nichts dagegen, wenn man meine Stücke einfach alle numerieren würde, Opus Eins, Opus Zwei usw.

ME: Interessierst Du Dich überhaupt für die Songtexte (lyrics) In Eurer Musik?

Keith: Die Musik sind die lyrics für mich. Natürlich kann ich mich auch über gute Songtexte freuen. Greg schreibt die Texte für unsere Band. Ich verstehe soviel davon, dass ich genau weiss, ob die Texte in sich stimmen.

ME: Keith, im letzten Musik Express Pop-Poll bist Du zum Pianisten des Jahres und Trilogy‘ zur LP des Jahres gewählt worden – Herzlichen Glückwunsch!

Keith: Fantastic – vielen Dank an alle ME-Leser, die dazu beigetragen haben.