Kings Of Leon New York, Webster Hall


Nur bei der Nacht: Die "Southern Strokes" treten ihre US-Tour los, in der Stadt der Northern Strokes.

Eine für ihre Verhältnisse ziemlich kleine Halle ist das, in der die Kings Of Leon heute ihre US-Tour starten. Kein Wunder, dass die gut 2.000 Leute fassende Webster Hall im Herzen des East Village in Manhattan vermeldete drei Minuten nach Vorverkaufsstart schon ausverkauft war und der Schwarzmarkt blühte.

Die Auftaktshow markiert den US-Release des vierten Albums der Kings, only by the night. Internet sei Dank, kann ein Großteil des Publikums die neuen Songs bereits auswendig mitgrölen. Das hat durchaus Vorteile: So stellte das Wagnis der Followill-Sippschaft, den Abend mit den zwei neuen Stücken „Crawl“ und „Sex On Fire“ zu eröffnen, keines dar. Die frischen Songs-darunter auch „Revelry“, „Closer“ und „Manhattan“ -werden begrüßt wie alte Bekannte. Speziell bei „Sex On Fire“ schwingt der Holzboden des viktorianischen Theaters vor lauter Euphorie fast so bedenklich wie später bei den Klassikern „Taper jean Girl“, „Bucket“ und „Molly’s Chamber“vom Debüt youth &young manhood.

Wie festgenagelt und ohne Zwischenansagen absolvieren die Kings die ersten Nummern. Was zunächst wie supercoole Ungerührtheit respektive gelangweilte Routine wirkt, erklärt Sänger Caleb Followill am Ende des eineinhalbstündigen Sets erleichtert mit anfänglicher Nervosität. Möglicherweise ist diese den eher mauen Kritiken zum neuen Album geschuldet. Vor allem die US-Presse hat sich lustig gemacht über das Auseinanderklaffen von bedeutungsschwangerem Breitwandsound der Schallrichtung U2 und den gewohnt pubertär pickeligen Songtexten, die sich -wie beim musikalisch hervorragenden „Crawl“-auch schon mal auf das dünne Eis der Gesellschaftskritik wagen. Nach der Meisterleistung des Vorgängers because of the Times ist vor allem die zweite Hälfte von only by the night ein klarer Rückschritt, der Wille zur Weiterentwicklung stärker spürbar als zündende Songideen.

Auch optisch streben die vier immer weiter weg von ihren Southern Roots. Die Bärte sind endgültig ab, dafür stylische Indie-Frisen drauf. Dummerweise wirken sie mit der stilistischen Anbiederung ans vermeintlich Urbane auf der Bühne erst recht wie verklemmte Provinz-Eier, die es in die große Stadt verschlagen hat. Doch auch das ist dem Publikum herzlich egal an diesem Abend. Denn in musikalischen Belangen machen die Kings alles richtig, reduzieren die atmosphärische Dichte der neuen Songs auf ihre Rock’n’Roll-Essenz und versenken das Material nicht im Reverb und Echostrudel. Ab Mitte des Sets lässt sich die Band endlich von der eigenen Musik begeistern (besonders tight: Bassbruder Jared Folowill), stürmt forsch bis zum Zugabenblock und entlässt das Publikum mit der Weltklassenummer „Slow Night, So Long“ sichtlich gerührt zurück in die New Yorker Nacht.

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