Lionel Richie


New York kocht schon seit Tagen. Nicht etwa wegen Lionel Richie, sondern vielmehr wegen der Baseballmannschaft „New York Mets“. Zum ersten Mal seit 1969 hat das Team das Finale der „World Series“, der amerikanischen Meisterschaften erreicht. Sechs der sieben Finalspiele hatten New York bereits in Atem gehalten, heute ist das letzte und entscheidende.

Lionel Richie, der arme Hund, hatte diese Entwicklung natürlich nicht vorausahnen können, als er vor Monaten den Schlachtplan seiner „Outrageous-Tour“ ausarbeitete. Jedenfalls sollte heute abend seine Tour starten — in New York! Vorprogramm: Sheila E.

Als der Prince-Protege dann um Punkt acht auf die Bühne kommt, ist der Madison Square Garden trotz aller Begleitumstände bis auf den letzten Platz gefüllt. Wenn man aber genauer in die haushohen Ränge des Gardens schaut, bleibt einem kurz die Luft weg: Jeder Dritte hat einen Watchman, einen Mini-Fernseher, mitgebracht.

Sheila E. übersteht ihren 45minütigen Set glänzend. Geile Klamotten am Leib, eine perfekt eingespielte Band im Rücken und ein Publikum, das fast alle Songs auswendig kennt.

Dann plötzlich 28000 Schreie: Das Licht erlöscht, ein kleiner Spot erfaßt das Klavier auf der vollautomatischen Bühne, die Tasten werden von Geisterhand gespielt, das Klavier hebt sich plötzlich in die Luft, wandert auf die ersten Zuschauer-Reihen zu. schnellt zur Bühnenmitte zurück, stimmt die Opener-Lines von „Hello“ an. man hört nun auch Richies Stimme und dann kommt er mit Riesenschritten auf die Bühne gesprintet.

Nach der samtweichen Begrüßung entert die Band die Kraken-förmige Bühne, läuft wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen durcheinander: Laserblitze zucken durch die Halle, bis jeder an seinem Instrument ist und die Post abgeht: „All Night Long“.

Und danach Lionel, der Diplomat: „Hallo New York! Ich weiß, daß dies meine ungewöhnlichste Show werden wird. Denn ich muß zwei Ereignisse gleichzeitig überbringen: Dieses hier und all das, was sich heute abend draußen im Shea-Stadium abspielen wird. Also keine Angst: Wir werden immer mit einem Ohr beim Spiel sein, uns wird nichts entgehen! Allright?!“

Und dann kommt Hit auf Hit. Die Band spielt auf den Punkt. Richie umgarnt die Herzen der Ladies bei „Three Times A Lady“ und „Truly“. bringt die Halle beim rausgefetzten“.Running With The Night“ zum Tanzen. Die Mets liegen derweil 0:3 zurück.

Doch dann holen die Mets auf. Und fortan diktieren die 10000 Mini-Fernseher das Geschehen. Mitten in stimmungsvollen Song-Ansagen oder beim Duett mit Sheila E. schreien sich die 28000 plötzlich die Seele aus dem Leib: Ihre Mets hatten wieder einen Punkt gemacht.

Beim 6:3 machen die Mets Halbzeitpause — und Lionel Richie kann in Ruhe zum Endspurt ansetzen. „Would you welcome please: Mr. Eric Clapton.“

Der Überraschungsgast (er wirkte auch auf Richies jüngster LP mit) wird frenetisch gefeiert. Beim Finale mit „Dancing On The Ceiling“ hebt dann gleich die ganze Bühne ab. Lionel & Co. schweben zur Decke, der Garden flippt aus. Endergebnis: Richie gegen die Mets 1:1.