Live-Review: Robyn in der C-Halle, Berlin


Es ist ein Wunder, dass zwischen all diesem Getöse noch so viel Mensch durchpasst.

Luft holen können wir ja später noch. Robyn scheint auch ganz gut ohne klarzukommen. Die kleine Schwedin, die nach einer Karriere als Teenpopstar ihr Schicksal selbst in die Hände genommen hat und seitdem als menschlichere Alternative zu Madonna, Pink, Kylie usw. Freude bereitet, schöpft einfach immer weiter aus dem Vollen. Aus dem, was ihr ansehnliches Repertoire so hergibt und sich aufmotzen lässt zu einem Elektro-Pop-Spektakel, das die Qualitäten nicht zu später Eurythmics-Auftritte, amtlicher Raves und einer Clubsause mit Diplo am DJ-Pult vereint. Haben die vier Musiker in weißen Kitteln an ihren zwei Drumkits und den beiden Keyboard- und Controller-Burgen erst einmal Platz genommen, bricht der breite, bratzige, arschlaute Digitalsound nicht mehr ab, ohne dass dieses ständige Auf- und Abschwellen der Akkorde, das Dröhnen und Zwitschern der Synthesizer und Pumpen und Tackern der Drummaschinen überhaupt auf menschliche Einflussnahme zurückzuführen wären. Gleich 20 solche Pop-Ohrwürmer wie „Hang With Me“ (die melancholische Variante) oder „Konichiwa Bitches“ (die Party-Spielart) ohne Pause aneinanderreihen können, das ist das eine. Aber gekommen ist das Publikum, in dem die Mädchen die Mehrzahl bilden, natürlich vor allem, um diese Frau zu erleben. Die mindestens drei Dutzend Tanzschritte drauf hat, dabei aber nichts choreografiert wirkt. Die über die Bühne schwirrt wie eine nach Honig dürstende Biene, mit den Fäusten in die Luft schlägt, sich unentwegt streckt und kreiselt, sich den Rock hochzieht, um auf ihren Hintern in Fahrradhosen zu zeigen – als würde dort ihr Stachel sitzen und der sticht, sticht, sticht. Die einen Spaß verkörpert, wie sie die Shows der oben genannten und deren verwandte Konkurrenz oft nicht mal streift, weil es doch perfekt sein muss. Perfekt ist hier höchstens Robyns Stimme, die sich irgendwann nur noch aus Sehnsucht oder sonst einem Menschenzauber zu speisen scheint, denn Luft kann sie doch jetzt echt keine mehr haben.