Review

„Magical Mystery“-Kritik: Ein bisschen wie Stromberg, nur mit Techno und toten Meerschweinchen


Feldhusen verfilmt Regener: Einmal im Zickzack und Bummbumm-Beat durch die Post-Wende-Republik.

Um was geht’s eigentlich?“,fragt eine der Figuren mittendrin in „Magical Mystery“, als die in die Jahre gekommene Rasselbande wieder einmal im Bus zusammengepfercht über deutsche Autobahnen (Wir fahrn, fahrn, fahrn…) prescht, um auf Techno-DJ-Tour mal mehr mal weniger große deutsche Metropolen anzusteuern. Das ist jetzt vermutlich noch nicht so lustig, wenn man es liest. Aber im Film ist es einer dieser fiesen großen Lacher, die sich von hinten anschleichen und – TADAAA! – auf einmal da sind, vermeintlich aus dem Nichts, und einem die Tränen runterlaufen lassen. Davon gibt es einige im zweiten Kinofilm von Arne Feldhusen. Was auch die große Qualität des Regisseurs ist, der sein Timing für absurde Alltagskomik in den Jahren be„Stromberg“ und „Der Tatortreiniger“ zur Perfektion gebracht hat. „Deadpanhumor“ nennt man das in den USA.

 

In Deutschland kennt man das eigentlich nicht. Außer bei Feldhusen, dem es gelingt, banal Alltägliches und – schlimmer noch – Todtrauriges so wahrhaftig und berührend aberwitzig erscheinen zu lassen, dass man lachen muss, obwohl einem zum Heulen zumute ist. Das macht ihn nachgerade zum idealen Regisseur für eine Sven-Regener-Verfilmung. Während Leander Haußmann in seinen Arbeiten mit Regener („Herr Lehmann“ und „Hai-Alarm im Müggelsee“) immer vor allem das Skurrile und das nackte Chaos sah, hängt sich Feldhusen bei den Figuren ein: hier natürlich vor allem bei  Karl„Charlie“Schmidt, den man schon in „Herr Lehmann“ erlebt hat, wo er von Detlev Buck gespielt wurde und nach dem Fall der Mauer in der „Klapper“ (= Klapsmühle) gelandet ist.

Diesmal spielt ihn der immer wunderbare Charly Hübner, der ein paar Jahre später immer noch im betreuten Wohnen für Ex- Drogies und in regelmäßiger Therapie mit anderem Treibgut der Gesellschaft versucht, wieder auf die Beine zu kommen. Komisch genug, dass ihm diese Chance ausgerechnet von einer von Detlev Buck gespielten Figur gegeben wird (der wiederum Hübner in den „Bibi & Tina“-Filmen inszeniert hat): Die Labelchefs von Bumm Bumm Records sind eigentlich viel zu alt für Techno, aber mit der von ihnen veröffentlichten Musik dennoch zu Wohlstand gekommen und wollen ihn nun auf der „Magical Mystery“-Tour mehren, für die sie einen garantiert nüchternen Fahrer brauchen.

Meerschweinchen werden im Abfalleimer beerdigt

Buck sieht aus, als hätte er seinen Finger in der Steckdose, und Marc Hosemann als sein Kompagnon, als hätte er mindestens 365 durchtanzte Nächte nicht mehr geschlafen. Aber so ist das beim Techno, und los geht die Reise mit ein paar anderen chaotischen DJs. Um was geht’s eigentlich, fragt man sich, während in Fluxi-Hotels übernachtet wird, Meerschweinchen in Abfalleimern beerdigt werden und unterwegs gelabert und gekotzt und getanzt und gelacht und geweint wird. Und dann blickt man in Hübners unendlich traurige und verzweifelte Augen, und man weiß es: um die schönste und menschlichste Komödie, zu der ein deutscher Regisseur fähig sein kann.

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DCM