Matt Bianco


Ich finde das abartig! Pure Image-Macherei, fürchterlich!“ entrüstete sich Ober-Jethro Tull Ian Anderson, als wir im Rahmen des Blind Dates (siehe Seite 14) Matt Biancos „Whose Side Are You On“ präsentierten.

„Was???“, Basia Trzetrzelewska, vor vier Jahren nach London emigrierte Polin und Sängerin der Band, ist aufgebracht. „Wie kann der sowas sagen! Aber wir kennen das. Anscheinend kann es niemand begreifen, daß bei uns einfach alles so gut zusammenpaßt. Wir haben verdammt noch mal nicht vor dem Reißbrett gesessen und gedacht: Man nehme auf 80er Jahre aufgemotzten Swing, schwarz/weiß karierte Sakkos, St. Tropez-FeelinQ und fertig ist die Nummer Eins der Single-Charts. Jethro Tull? Die waren früher mal meine Lieblings-Band, aber heute? Wer ist denn da Im eigenen Image gefangen und bringt seit einem Jahrzehnt nichts Innovatives mehr…“

Da hat die Dame natürlich auch nicht ganz unrecht. Klar, überlegt hatten sie schon, damals 1982, als die abgesprungenen Blue Rondo à la Turk-Mitglieder Mark Reilly, Kito Poncioni und Danny White nach Demo-Sesslons mit der Frage konfrontiert wurden: „Wie präsentleren wir unsere Songs am vorteilhaftesten einer Plattenfirma?“.

Um dieses Thema ordenlich auszudiskutieren, begab man sich in eine Londoner Bar, wo als erstes festgestellt wurde: Eine Sängerin muß her! Danny kannte Basia noch von seiner ersten, unbekannt gebliebenen Band, wo die Polin im Background gesungen hatte.

Dieses Problem war also beseitigt. Doch wie sollte die Band heißen? Nichts wollte dem mittlerweile von mehreren Martini-Cocktails gezeichneten Trio einfallen, bis Sänger Mark urplötzlich, seinen Drink vor Augen, schlußfolgerte: Martini rosso, Martini bianco, Matt Bianco! Damit war zwar ein recht süffisanter Name gefunden, doch zum „verhängnisvollen Pepita-Karo-Image“ (Danny) noch ein weiter Weg.

Basia: „Zeig‘ mir doch eine Gruppe, die sich bei einer Foto-Session keine Gedanken über Ihr Outfit macht. Musik ist heute nun mal zu einem großen Teil optisch! Und dann hat eine Freundin von mir diese Sakkos geschneidert und wir dachten: Mensch, sieht echt gut aus! Aber wir haben schnell bemerkt, wie uns diese Optik gefangen nahm. Plötzlich redeten alle nur mehr vom cleveren Konzept: Matt Bianco. Die Musik schien niemanden mehr zu interessieren!“

Nun will man sich gegen dieses Retorten-Image wehren. Ein besseres Rezept als seine Sachen zu packen und bei einer Tour live zu zeigen, was man so drauf hat, gibt’s eh nicht und so rüsten Matt Bianco zum Angriff auf die Bühne. „Es brennt uns unter den Nägeln,“ sagt die feurige Basia und ballt zur Unterstützung die Fäuste,“ aber da müssen wir wohl noch einige Hindernisse nehmen. Die Kritiker lieben uns ja, aber die richtige Resonanz ist noch nicht da.“ Daher wird die nächste Matt Bianco-Single eher kommerziell ausfallen. Tanzbarer eben hitverdächtiger, wie Tastenmann Danny Whlte es ausdrückt: „Wir wollen uns endlich leisten Können, auf Tournee zu gehen!“