Maus & Pferd Gegen Die Emi


An dem Album DARK NIGHT OF THE SOUL von DANGER MOUSE und SPARKLEHORSE entzündet sich eine neue Runde in der Debatte um alternative Vertriebswege für Musik.

Eine ketzerische Frage: Wozu braucht man eigentlich noch Plattenfirmen? Dank digitaler Technologien und schnellem Internetzugang wären sie heute nicht mehr nötig, um Musik zu vertreiben, flottiert diese doch längst frei im Netz – sehr zum Ärger der Industrie, klar. Weniger indes zum Ärger vieler Künstler selbst. Wie das Beispiel des Produzenten (Gorillaz, Beck, Rapture) und Musikers (Gnarls Barkley) Danger Mouse zeigt, der seit seinem GRKY ALBUM 2004 als Pionier in Sachen Guerrilla-Veröffentlichungstaktiken gilt. Jetzt hat er im Team mit dem Songwriter Mark Linkous alias Sparklehorse und einer illustren Gästeschar unter dem Projektnamen Dark Night Of The Soul ein grandioses Kollaborationsalbum (s. Kasten) aufgenommen – das allerdings wohl nie „offiziell“ veröffentlicht wird.

Stattdessen gibt es auf www. dnots.com ein aufwändig gestaltetes Booklet mit Fotos von David Lynch zu bestellen, dem ein leerer CD-Rohling beiliegt mit dem Hinweis: „Aus rechtlichen Gründen enthält diese CD-R keine Musik. Nutze sie, wie du magst.“ Ein nicht groß verklausulierter Aufruf, sich die Musik aus dem Netz zu saugen und zu brennen. So weit, so radikal. Doch welche ominösen „rechtlichen Gründe“ veranlassten Danger Mouse und Linkous zu diesem Schritt? Dieses Mal geht es nicht um die unerlaubte Nutzung von Samples, wie beim GREY ALBUM, auf dem Danger Mouse die Beatles und Jay-Z verbastardisiert hatte, sondern um Vertragsfragen. EMI besitzt die weltweiten Vermarktungsrechte für bestimmte Aufnahmen von Danger Mouse. Ursprünglich hatte dieser aber einen Vertrag mit dem Indielabel Lex Records unterzeichnet, das erst später ein Joint Venture mit EMI einging. Die Gnarls-Barkley-Alben wurden bei Warner bzw. Atlantic veröffentlicht. Alles sieht also danach aus, dass Danger Mouse aus dem Vertrag aussteigen will, aber nicht kann. EMI zeigte bislang auch kein Interesse, DARKNIGHTOF THE SOUL zu veröffentlichen. Womöglich liegt hier der Hund begraben. Seit EMI 2007 vom musikfernen Börsenunternehmen Terra Firma übernommen wurde, tappt man von einem Fettnäpfchen ins nächste. Die neuen Bosse setzten so genannte „unrentable Künstler“ auf die Straße. Jüngst verkündete EMI USA, künftig keine Indie-Plattenläden mehr beliefern zu wollen – Ladenbetreiber könnten sich ja bei Wal-Mart eindecken. Gut vorstellbar, dass EMI kein Potenzial im „IndieProjekt“ von Danger Mouse sah – auf Nachfragen nach den Hintergründen für die Nichtveröffentlichung der Platte bekommt man von EMI Deutschland keine Reaktion, es gibt nur die bereits veröffentlichte internationale Stellungnahme, man versuche „weiter, dieses Problem zu lösen“, verhandle mit Danger Mouse direkt und behalte sich „einstweilen“ seine Rechte vor. Darf ich mir als Fan die Musik also „wie ich mag“ im Netz besorgen? Schließlich hat mich der Künstler quasi dazu aufgefordert. “ EMI miisste beweisen, dass sie tatsächlich die Rechte für diese Songs innehaben“, sagt Andres Heyn, Musikanwalt aus Hamburg. „Durch die inoffizielle Veröffentlichung wird diese Rechteverfolgung aber erschwert.“ Sicher ist: Die unorthodoxe Aktion von Danger Mouse wird die Debatte um Vertriebswege im digitalen Zeitalter erneut anfeuern.