Mein Plattenschrank: Heather Nova


Mit den Beatles und Neil Young fing alles an. Heute ist Heather Nova fasziniert von Jeff Buckley, Iris DeMent und Radiohead. Ein Blick in ihren Plattenschrank.

The Beatles – Abbey Road

All diese Platten stehen für bestimmte Abschnitte in meinem Leben, an die ich denken muß, sobald ich einen Song daraus höre. Die Beatles sind klar aus meiner frühen Jugend. Das Album lief bei meinen Eltern rauf und runter. Ich fand die eingängigen Harmonien und die Texte lustig. „Octopus’s Garden“ ist ein großartiges Kinderlied, denn du ahnst nichts von den Hintergründen. Für mich war es stets ein toller Track über Tintenfische (lacht). Ich erinnere mich auch an die Freiheit und den Spaß, als ich klein war. Meine Eltern gaben früher immer nächtelang Parties, und diese Platte lief meistens am Morgen, wenn ich über die ganzen Leute steigen mußte, die bei uns auf dem Fußboden übernachtet hatten. Mein erster Kinofilm war „Yellow Submarine“. Also: die Beatles prägten meine Kindertage.

Neil Young – Harvest

Auch dieses Album gehörte zum festen Bestandteil der Plattensammlung meiner Eltern. Neil Young war der erste Künstler, der mich nachhaltig beeinflußt hat. Da war ich ungefähr 12 und in einer schwierigen Phase. Ich fing an, die Doppeldeutigkeiten der Beatles-Platten zu begreifen, und gleichzeitig dachte ich, daß mich als Teenager außer Neil Young keiner versteht. „Harvest“ ist so melancholisch, es zerreißt einen. Damals hatte ich viele Stimmungstiefs und wollte keine Musik hören, die mich aufheitert, sondern die meine Emotionen verstärkt. Zudem besitzen Neils Songs gute Texte und sehr viel Atmosphäre.

Patti Smith – Horses

Das war das erste Werk, das ich von ihr hörte. Da war ich ungefähr 18 Jahre alt. Und es war eine Offenbarung, denn ich hatte das Gefühl, sie läßt ihren Emotionen freien Lauf. Für mich war sie die erste Künstlerin, die Poesie mit Rock’n’Roll kombiniert hatte. Danach wuchs der Wunsch in mir, es ihr gleich zu tun. Bis heute halte ich sie für fast unerreicht. Sie hat ihre eigene Chemie gefunden, die beim Zuhören ansteckt. Meine Lieblingskünstler geben immer einen Teil ihrer Seele preis. Sie öffnen den Hörern ein Fenster zu ihren Herzen. Das fasziniert mich auch an Patti Smith so sehr.

David Bowie – Ziggy Stardust

Ich bin ein riesiger Fan von ihm. Mit diesem Album hat er eine komplett andersartige Wert geschaffen. Beim ersten Ton tauchst du ab und bist verloren. Die Titel habe ich während meiner High-School-Zeit stundenlang gehört. Die Songs sind stark, die aufkommenden Gefühle sind wahnsinnig intensiv. Wir haben alle unseren eigenen Charakter, aber David Bowie vereint die verschiedensten Charaktere in sich. Er ist wahrscheinlich der wandlungsfähigste Musiker, den ich kenne. Allein dafür gebührt ihm Respekt. Und wer solch großartige Melodien schreibt, hat einen Platz im Olymp verdient.

Jimmy Cliff – The Harder They Come

Wieder eine Platte, die viele Kindheitserinnerungen wachruft. „Many Rivers To Cross“ und andere Titel haben dieses unglaubliche Verlangen in sich. Die Menschen haben im allgemeinen viele Sehnsüchte in ihrem Leben. Manchmal wissen wir nicht mal, wonach wir verlangen. Und wenn dann ein Künstler mit seiner Musik einige Lücken füllen kann, ist das einmalig. Natürlich muß ich Jimmies tolle Stimme noch hervorheben und daß wir das Werk häufig während unserer Segeltrips gehört haben. Leider hatte meine Mutter die Angewohnheit, nicht auf das Ende der Kassetten zu achten. Daher weiß ich bis heute nicht, wie einige Songs zu Ende gehen, weil sie nicht auf denTapes waren.

Roxy Music – Avalon

Das ist ein echter Klassiker. Die gesamte Atmosphäre der Platte umschließt mich jedes Mal aufs neue. Die Magie des Sounds ist auch nach Jahrzehnten noch vorhanden. Damals lebte ich mit einigen Freunden in Italien. Es war mein erster Trip nach Europa, und ich erlebte eine Menge neuer Dinge in meinem Leben. Es war kurz vor dem College, quasi der Soundtrack dazu. Weit weg von zu Hause, tausend neue Eindrücke und wieder das Gefühl von Verlangen und Sehnsüchten. Davon werden ich wohl nie loskommen.

Bob Dylan – Blood On The Tracks

Grundsätzlich kommen bei mir Erinnerungen an einen Exfreund hoch, mehr verrate ich nicht! Also zur Musik. Dylan ist ja wohl der Ausgangspunkt aller Folkmusik dieses Jahrhunderts. Ich mag die Stories wie in „Tangled Up In Blue“ und die Charaktere, die er hier zum Leben erweckte. Ich bewundere ihn seit Jahren, und kürzlich spielten wir auf dem gleichen Festival. Sein Auftritt war großartig. Er hatte mächtig viel Spaß und war total ausgelassen. Ich hätte ihn wirklich sehr gerne persönlich getroffen, aber er kam erst Minuten vor dem Auftritt und ist anschließend sofort wieder ins Hotel zurückgefahren. Da forderten die Fans noch Zugaben. Schade, aber es war schön, ihn mal live gesehen zu haben, besonders weil er gut drauf war.

Jeff Buckley – Grace

Ich habe ständig das Gefühl, daß wir seelenverwandt sind. Viele von seinen Songs scheinen auf ähnlichen Erfahrungen zu basieren wie meine eigenen. Und speziell auf dieser Platte gibt er sehr viel von sich, singt sich die Seele aus dem Leib. Seine Stimme ist sensationell. Wir haben uns einige Male kurz getroffen und ein bißchen Small-talk gehalten. Die Chance des Kennenlernens hat sich leider nie ergeben. Besonders liebe ich die Stücke, bei denen man merkt, es hätte noch etwas anderes oder mehr passieren können. Unerwiderte Gefühle und natürlich Sehnsüchte spiegeln sich oftmals in seinen Nummern wider. Seine Titel sind dann vergleichbar mit meinen, wie zum Beispiel „Papercup“.

Radiohead – The Bends

Ich liebe die Gitarren auf diesem Album. Unglaublich geniale Sounds und eine enorme Sensibilität. Jeder erzählte in London von dieser Band, und eines Tages stand ich dann mal in einem ihrer Konzert. Sie haben mich umgehauen. Wow, dachte ich, was für eine Stimme und was für ein emotionaler Sänger. Darauf stehe ich. Außerdem scheint er sich seiner femininen Seite bewußt zu sein. Keine Ahnung, was er von meiner Einschätzung hält, aber sie ist als Kompliment gemeint. Ich kann verstehen, warum Radiohead so erfolgreich sind. Sie machen herausragende Songs. Jeder einzelne auf dieser LP ist ausgezeichnet. Ich freue mich schon auf ihre nächste.

Iris DeMent – My Life

Letztes Jahr gab mir eine Freundin diese Platte. Vorher hatte ich noch nie etwas von Iris gehört. Jetzt kann ich mir „My Life“ fast ununterbrochen anhören. Dabei ist es manchmal fast schon schmerzhaft, ihrer Stimme zuzuhören. Die Tracks sind unglaublich persönlich, bringen mich fast zum Weinen. Genau das mag ich bei Alben, denn dann sind sie lebendig und real. Iris steht mit beiden Beinen im Leben, und das hört man. Wahrscheinlich denken jetzt alle, ich wäre den ganzen Tag nur schlecht drauf, weil ich all die melancholischen, traurigen Platten mag, aber das stimmt nicht. Ich lache ziemlich viel. Schreib‘ das bitte, sonst denken die Menschen noch, ich sei womöglich unglücklich.