„Mein Songwriting ist wie ein Saufgelage“


Kurz bevor Beady Eye erstmals eine Hamburger Bühne bespielen, stellt sich Andy Bell, Shoegaze-Ikone und zweiter Gitarrist der Oasis-Nachfolger, unserem akustischen Kreuzverhör.

Little Richard

„Lucille“

Viele fühlten sich von Ihrer ersten Single „Bring The Light“ an Little Richard erinnert.

Bell: Wir haben viel Little Richard und Jerry Lee Lewis während der Aufnahmen gehört. Die Drums von Eddie Cochrans „Summertime Blues“ haben wir für „Bring The Light“ quasi übernommen.

The Beatles

„Everybody’s Got Something To Hide Except Me And My Monkey“

Das Gitarrensolo aus „Bring The Light“ ist doch von diesem Lied abgekupfert!

Bell: Neeeein, hat doch überhaupt nichts damit zu tun … gut, der Sound ist ähnlich, aber … na ja, verklagen können sie uns deswegen nicht!

The Who

„My Generation“

Da haben Sie einen Song namens „Beatles And Stones“ auf Ihrem Album und dann klingt er – zumindest in der Strophe – wie The Who.

Bell: Das ist eben Beady-Eye-Humor. Uns ist das erst gar nicht aufgefallen, aber dann fanden wir’s so lustig, dass wir es nicht mehr ändern wollten.

John Ono Lennon

„Instant Karma!“

Bell: (lacht) Ich weiß, warum Sie mir diesen Song vorspielen! Es ist die Ähnlichkeit zu unserem „The Roller“. Für mich hat sich der Song aber immer eher nach „Metal Guru“ von T. Rex angehört. Tja, das ist eben eine sehr geläufige Akkordfolge.

The La’s

„Failure“

Bell: Zentraler Einfluss auf Beady Eye. Die La’s und die Stone Roses sind die einzigen Bands, die uns so geprägt haben wie die Musik der 60er.

Haben sich Ian Brown oder Lee Mavers bereits zu Beady Eye geäußert?

Bell: Nein. Aber Ray Davies ließ uns wissen, dass er die Platte mag. Das genügt mir absolut.

The Jam

„Pretty Green“

Bell: The Jam haben mir nie sonderlich viel bedeutet. Ich bin 1970 geboren, ich war ein Kind, als sie groß wurden. Bei Gem [Archer, erster Gitarrist von Beady Eye; Anm. d. Red.

The Seahorses

„Love Me And Leave Me“

Bell: Seahorses! Der Song, den Liam für sie schrieb.

Der Song erschien 1997. Wie hat sich Liams Songwriting über die Jahre entwickelt?

Bell: Liam hat enorme Fortschritte gemacht: Zwischen dem ersten Song, den er für Oasis schrieb, „Little James“, und „Songbird“ lagen zwar nur drei Jahre, aber der Sprung war gewaltig. Liam schreibt sehr intuitiv, vergleichbar mit John Lennon. Er hat viele Ideen, besonders Metaphern in den Texten sind seine Stärke. Aber er benötigt jemanden, der seine Ideen aufgreift und in Songform presst. Noel hingegen schreibt sehr strukturiert. Aber die beiden sind gleichermaßen talentiert.

Und was für ein Typ Songwriter sind Sie?

Bell: Mein Songwriting ist wie ein Saufgelage. Wie wenn du einen Monat lang abstinent bist und dann drei Tage becherst, stauen sich Ideen bei mir erst an und entladen sich dann auf einmal. Momentan erlebe ich wieder eine der produktiven Phasen. Ich schreibe bereits Songs für unser drittes Album.

Soll das heißen, dass das zweite schon fertig ist?

Bell: Wir müssen uns nur noch entscheiden, welche Songs wir aufnehmen wollen. Wir haben viel zu viele geschrieben. Der Titel des Albums steht auch schon, aber ich darf ihn noch nicht verraten.

Ride

„Leave Them All Behind“

Bell: Mark und ich haben den Song stark bekifft in Amsterdam komponiert. Um den Text zu schreiben, nahm Mark auch noch Acid. Die Rohfassung war zehn Seiten lang. Ich habe das dann gekürzt.

Shoegaze ist seit Jahren wieder schwer in Mode.

Bell: Das hätte ich nie gedacht. Ich war damals schließlich der, der dachte, dieser Sound würde bald überholt wirken und wollte, dass wir zeitloser klingen. Carnival Of Light war 1994 dann das Album, mit dem wir uns vom Shoegaze abwandten.

Sie nennen es wieder „Carnival Of Light“? Es gab Zeiten, da schimpften Sie es „Carnival Of Shite“.

Bell: Stimmt (lacht), … nee, das Album ist schon toll.

Lady Gaga

„Scheiße“

Bell: Ich bin großer Fan! Nicht so sehr von ihrer Musik, aber von ihr als Künstlerin. Sie müsste nur endlich einsehen, dass sie nicht ausnahmslos alle ihre Songs zu Disconummern machen muss. So hört ja niemand, dass sie echt gute Lyrics hat.

(Liam Gallagher erscheint in einem gleißend weißen Bademantel und dazugehörigen Latschen.)

Gallagher: Hey, alles cool? Was macht ihr denn da?

Bell: Liederraten.

Gallagher: Okay, los! Was hört ihr da grade?

„Scheiße“.

Gallagher: Naah, da gehe ich lieber in die Sauna. (ab)

Mona

„Teenager“

Bell: Klingt wie U2. Wer soll das sein?

Mona, sie werden als die Rock-Retter der Saison vermarktet.

Bell: Hieß es nicht, die sollen wie Kings Of Leon klingen? Das ist doch total U2. Gefällt mir nicht.

Stephan Rehm

Andy Bell

Zusammen mit Sänger Mark Gardener gründete der Gitarrist Andy Bell 1988 die einfluss- und zumindest im UK erfolgreiche Shoegazeband Ride. 1995 kam es zum Zerwürfnis zwischen den beiden und Ride waren am Ende. Zwei Jahre darauf kehrte Bell mit Hurricane #1 zurück, einer Gruppe, die viel Schelte für ihre Ähnlichkeit zu Oasis einstecken musste. 1999 stieß Bell dann als Bassist zu Oasis. Nach Noel Gallaghers Ausstieg machte der Rest der Band als Beady Eye weiter; Bell griff dafür wieder zur Gitarre.