Metallica & AC/DC


Schon vor Beginn des diesjährigen Schlachtfests für Headbanger, das -— obwohl identisch mit den englischen „Monsters Of Rock“ — sich den ruhmreichen Titel dennoch verkniff, zogen einige beflissene Jünger Jesu mit Handzetteln vor die Tore der Galopp-Rennbahn, warnten vor dem Teufel und geißelten den Heavy Metal als „Schnellstraße zur Hölle“.

„Ich bin gekommen, auf daß sie Leben haben und es in Überfluß haben“.

soll Jesus (laut Johannes) einst gesagt haben. Wäre er doch nur erschienen und hätte wirklich Leben und Überfluß unter die 60.000 Zuschauer gebracht. So aber entpuppte sich das prestigereiche Festival als Ereignis leerer Versprechungen. Denn weder die Leistungen der meisten Bands noch die Begeisterung in der gefüllten Pferde-Arena rechtfertigten die hochgeschraubten Erwartungen. Wenn überhaupt, verdiente die Stimmung an diesem spätsommerlichen Samstag die Note „langweilig bis lahmarschig“.

Bereits der Auftakt mit den Black Crowes verhieß nichts Gutes. Ihr Club-erprobter „good time rock ’n‘ roll“ mit Stones-Einschlag wirkte in

diesem Rahmen deplaziert und plätscherte an den Ohren der müden Menge unerhört vorbei.

Während sich der Hardrock-Kosmos derzeit nur um Guns N’Roses zu drehen scheint, bestätigten Queensryche einmal mehr, daß sie auf Hype nicht angewiesen sind. Ihre Show, vor allem die des charismatischen Sängers Geoff Täte, war das erste echte Licht in der Grauzone allgemeinen Desinteresses. Vielleicht wäre der Veranstalter besser beraten gewesen, anstelle von Mötley Crüe, die gerade ihr zehnjähriges Jubiläum feiern. Queensryche deren 60minütige Spielzeit zusätzlich einzuräumen. Auf jeden Fall blieben Vince Neil, Nikki Sixx, Mick Mars und Tommy Lee die meiste Zeit auf ihrem hausbackenen Hardrock sitzen, ohne daß sich etwas gerührt hätte.

Für Metallica, nach Meinung etlicher Fans die rechtmäßigen Headliner des Festivals, stand diesmal viel auf dem Spiel. Deshalb wollten sie dem müden Volk wohl auch gleich zu Beginn mit ihrer Hit-Single „Enter Sandman“ gehörig Beine machen. Was aber nur bedingt gelang. Nicht im Heavy Metal der dumpf dröhnenden Sorte, sondern viel mehr im „free metal“ suchten die Vier ihr Heil — und fanden es nicht. Da konnte sich Gitarrist. Texter und Sänger James Hetfield noch so sehr mühen und amtliches Headbangen demonstrieren — seine Aktionen verhallten ebenso wie die akrobatischen Intervalle von Gitarrist Kirk Hammett und die donnernden Double-Bassdrums, die Lars Ulrich ins Rennen schickte.

Beim Fußball gibt’s fürs Zeitschinden von jeher die gelbe und schließlich gar die rote Karte. Genau die hatten sich Brian Johnson & Co. eigentlich schon nach dem dritten Song erspielt. So schön es sich zu Hardrock-Evergreens wie“.Hell’s Beils“, „Dirty Deeds Done Dirt Cheap“ oder „Back In Black“ immer wieder schunkeln läßt, so unweigerlich, weil konditioneil nicht auf der Höhe, drifteten die Starkstrom-Experten in Richtung „Auf Zeit spielen“. Dabei waren’s gar nicht so sehr die überlangen Pausen, die irritierten, sondern vor allem der offenkundige Hang der Band, fast jeden Song durch endlose Solo-Einlagen auf Angus Youngs Gitarre bis zur Unkenntlichkeit zu strecken.

Pünktlich um 22 Uhr gingen die Lichter aus — und darauf hoffentlich so manchem Fan wieder eines auf: daß nämlich diese Festivals schon seit Jahren ihre Existenzberechtigung schuldig bleiben — obwohl und trotz des wahrscheinlich immerwährenden Zuspruchs der Headbanger.