Michael Jackson: Thronfall


Seit Jahren wackelte sein Thron - doch in diesem Jahr stürzte sich Michael Jackson selbst. Der einstige "King of Pop" drehte 2002 am Rad.

Ein American Music Award für den „Artist of the Century“ in New York, ein goldenes Rehlein gar für den „Popkünstler des Jahrtausends“ in Berlin: Jedermann schien es sich 2002 in den Kopf gesetzt zu haben, einen Mann zu feiern, dem nicht wirklich zum Feiern zumute war. Im Hause Jackson brannte es in diesem Jahr an allen Ecken und Enden. So galt das wieder erwachte Interesse an seinem bereits sang- und klanglos aus den Charts verschwundenen Album „Invincible“ von 2001 nicht der Musik als vielmehr den Danksagungen im Booklet. „Marc Shaffel…thank you …/ love you … Michael“, schrieb Jackson da. Wie sich nun zum Pech des King of Pop herausstellte, ist Shaffel ein angesehener Mann in der Gay-Porn-Industrie, bekannt für Produktionen wie „Cocktales“ und „Big As They Get“. So konzentrierte sich Michaels Presse im Sommer auf die Tatsache, dass ausgerechnet Shaffel Jackos All-Star-Single „What More“ für die Hinterbliebenen der Opfer der Anschläge vom 11. September produziert hatte. Gut möglich, dass sich Sony gegen die Veröffentlichung der Benefiz-Single entschieden hatte, um den durch Kindesmissbrauch-Klagen bereits angeschlagenen Ruf seines Stars nicht weiter zu gefährden. Jackson jedenfalls nahm den Rückzieher seines Labels zum Anlass, komplett durchzudrehen: Als sich der einst menschenscheue Star in einem offenen Bus durch Manhattan fahren ließ, um mit Spruchbändern gegen den in seinen Worten „teuflischen Rassisten“ Tommy Mottola von Sony Music zu demonstrieren, musste man sich ernsthaft Sorgen um seine geistige Gesundheit machen. Später im Jahr folgten weitere beängstigende Auftritte, einige davon mit gepflasterter Nase, bei denen Jackson arg verwirrt wirkte. So ließ er sein Baby aus dem fünften Stock baumeln und schubste wenig später seinen Doppelgänger vom Fenster fort, um selbst zu winken. Lange hat Jackson darum gekämpft, wenigstens das Gesicht zu wahren, doch selbst dafür scheint es jetzt zu spät. Der King of Pop ist endgültig entthront und auf dem besten Weg, Neverland eines Tages zu einer ähnlich traurigen Pilgerstätte wie Graceland zu machen.