Moby


Kein Witz: Moby ist ein direkter Nachfahre von Moby Dick-Erfinder Herman Melville. In Technokreisen gilt der weiße Musiker als erste Wahl .

Eigentlich sollte Richard Melville Hall alias Moby rundum zufrieden sein. Ist er aber nicht. Zwar verkauft sich seine Single ‚Feeling So Real‘ so gut wie noch keine seiner Platten zuvor, allein in Deutschland wurden schon über 100.000 Stück davon abgesetzt und auch in nahezu allen anderen europäischen Ländern steht der Song hoch in den Charts. Doch Mobys Gedanken sind zur Zeit bei ganz etwas anderem. Angefangen hat es damit, daß er den Interviewer einer englischen Musikzeitschrift damit provozierte, daß ihn die Ästhetik und der Umgang mit Symbolen totalitärer Systeme interessiere. Nun muß er in dem Magazin das Zitat „Faschismus sieht nett aus“ und die Frage „Ist Moby der nächste faschistische Diktator?“ lesen. Ein deutsches Teenie-Blatt hat die Zeilen auch schon abgeschrieben. Kein Wunder, daß der 29jährige Ur-Ur-Neffe Herman Melvilles („Moby Dick“) nicht gerade bester Laune ist. Dabei hätte Freigeist Moby allen Grund zur Freude. Bereits 1991 plazierte er mit ‚Go‘ die erste Techno-Single überhaupt in den englischen Top Ten. Heute, vier Jahre später, ist Techno in all seinen Variationen nicht mehr Ausnahme, sondern Regel in den Charts und auch Moby – gläubiger Christ, Vegetarier und strikter Anti-Alkoholiker – will seine verdiente Portion vom Ruhm und Reichtum. Seine Single ‚Everytime You Touch Me‘ ist wie geschaffen für den kommerziellen Erfolg. Selbst für Moby riecht sie fast schon ein bißchen zu sehr nach Kohle. „Um ehrlich zu sein, ich finde diesen Popmix ziemlich schrecklich und die Techno-Puristen werden mich dafür hassen“, aber, fügt er entschuldigend hinzu, „ich will nun mal, daß möglichst viele Leute meine Musik hören“. „Techno-Purist“ ist für den glatzköpfigen Techno-Troll, den das britische Musikmagazin Vox recht treffend als „Mischung aus Jimmy Sommerville und Tim (aus Tim & Struppi)“ beschrieb, derzeit liebstes Schimpfwort. Denn für die Intelligent- und Detroit-Szene hat er nur Verachtung übrig. „All diese Leute vom Warp-Label, Aphex Twin, Autechre und wie sie alle heißen, denken, sie seien die Richter darüber, was man darf und was man nicht darf im Techno, dabei sind sie selbst die größten Langweiler. Während ihrer Konzerte verkriechen sie sich hinter ihre Synthesizer, so daß sie möglichst niemand sieht und dann glauben sie, daß sie die aufregendste Musik der Welt machen. Wenn die wirklich mal was Abwechslungsreiches machen wollen, sollten sie das Mikro in die Hand nehmen und singen.“ Moby ist mächtig stolz darauf, daß er bei seinen Live-Auftritten Gitarre, Keyboards, Schlagzeug spielt und singt. Einschlägige Erfahrungen auf diesem Gebiet hat er ja. Seine ersten musikalischen Gehversuche unternahm er mit der Punkband Flipper.