Nach fast zehn Jahren meldet sich Joe Strummer zurück, ehemals Gitarrist der Punklegende The Clash


Dein letztes Solo-Album, „Earthquake Weather“, stammt aus dem Jahr 1989. Was hast du all die Jahre getrieben?

Wie – ist das erst zehn Jahre her? Mir kommt es vor, als wären es zwanzig – mindestens (lacht). Ich habe meine Kinder großgezogen, bin mit den Pogues auf Tournee gegangen und habe ein paar Soundtracks aufgenommen. Dann wollte ich eine neue Band gründen zuerst mit Richard Norris von The Grid, später mit Bez von den Happy Mondays. Aber irgendwie hat das nicht funktioniert. Du hast dich also nicht aufs Altenteil zurückgezogen?

Nein. Ich habe einfach nur zu viel wirres Zeug gemacht, das keiner hören wollte. Du glaubst nicht, wie viele Scores ich zu Filmen komponiert habe, die nie erschienen sind. Du hast also nicht nur mit der Schallplatten-, sondern auch mit der Filmindustrie Probleme?

Gibt es da einen Unterschied!‘ Uh Mann, ich kann dir sagen – das sind alles Verbrecher. Einmal habe ich geschlagene sieben Monate in einem Dreckloch von Hotel in Los Angeles gewohnt, um diesen Film mit Keanu Reeves zu vertonen: „Permanent Record“. Und stell dir vor – der ist nicht einmal auf Video erschienen.

Du hast kürzlich reich geheiratet …

Ach, das ist auch schon vier Jahre her. Und sie ist auch nicht reich – aber blaublütig. Also genau das richtige für einen alten Anarcho wie mich (lacht). Eine süße, adlige Frau ohne Kohle.

Was bewegt dich dazu, jetzt wieder ins Musikgeschäft einzusteigen? Das hat persönliche Gründe. Es ist einfach an der Zeit, daß ich wieder produktiv werde. Weißt du, mein Motto war immer „warum etwas überstürzen, wenn es auch langsam geht?‘ Nur hat alles, was ich versucht habe, nicht mal ansatzweise geklappt. Jetzt habe ich endlich die richtigen Leute gefunden. Und nicht nur das, ich habe auch ein neues Album im Kasten.

Also brauchst du eine Band, die als Katalysator für deine Ideen funktioniert? Ganz genau. Obwohl: Ich werde natürlich als Solist weitermachen – als Joe Strummer & The Mascaleros. Ein Nonsens-Name, halt einfach so aus Spaß.

Und wann soll das Album erscheinen? Voraussichtlich im September. Es wird „Art Rock & The X-Ray Style“ heißen.

Wie steht es mit einer Clash-Reunion? Ist das ein Thema für Dich?

Nein, definitiv nicht. Die Beastie Boys haben uns schon vor Jahren gedrängt, es zumindest einmal zu versuchen – für das Free Tibet-Festival. Aber ohne Topper Headon, den Schlagzeuger, macht das keinen Sinn. Er ist todkrank. Ein menschliches Wrack – Dank Heroin.

Und er ist nicht zu ersetzen? Auf keinen Fall. Schließlich waren es diese vier Leute, die etwas Einmaliges geschaffen haben. Und wenn du einen davon entfernst, wird es nie wieder, was es mal war. Es ist alles eine Frage der Chemie. Und die war bei The Clash schlichtweg einmalig.

Trotzdem stellst du gerade ein Album mit alten Live-Aufnahmen zusammen. Was ist es für ein Gefühl, in der Vergangenheit zu wühlen?

Grausam – ganz, ganz grausam. An einige dieser Gigs kann ich mich noch erinnern. Vor allem an die, bei denen der Strom ausgefallen ist oder wir völlig von der Rolle waren. Sich das alles noch einmal vor Augen zu führen, fällt mir nicht leicht.