Nagel – „Was kostet die Welt“


Ex-Muff-Potter-Sänger schickt neurotischen Städter ins Riesling-Milieu.

Nagel, der langjährige Sänger der Punkband Muff Potter, schrieb seinen ersten Roman “Wo die wilden Maden graben” über das Tourneeleben – inzwischen ist die Band aufgelöst und der heute 34-Jährige hat für sein zweites Buch den Tourbus verlassen. Seinen – wie der Autor einnamigen – Protagonisten Meise schickt er an die Mosel, in das fiktive Weindorf Renderich. Eingeladen von einer Zufallsbekanntschaft will Meise dort den letzten Rest vom Erbe seines Vater ausgeben. Der Bekannte arbeitet dort im Traditionsweingut seiner Familie und geht Meise mit langen Vorträgen und abgeschmackten Sprichwörtern auf die Nerven.Überhaupt ist Meise oft genervt – Sprach- und Stilkritik scheint die Leidenschaft des Berliner Bohemiens mit Kneipenjob zu sein. Die ist manchmal treffend, ermüdet aber bald. Man ist geneigt, das dem Autor vorzuwerfen, merkt aber nach und nach, dass Nagel damit seinen Ich-Erzähler Meise selbst als armen Tropf charakterisiert, der zwar ganz anders lebt, aber nicht besser ist als die Weinbauspießer aus dem Dorf. So ist “Was kostet die Welt” (ohne Fragezeichen!) also eine Art Tragikomödie mit auf unpathetische Weise anrührenden Momenten, aber auch einigen Längen.(Heyne, 320 Seiten, 16,95 Euro)

Felix Bayer – 29.09.2010