Plattenfirma im Netz


Es ist wie bei Hase und Igel: Der Kleine ist wendiger, listiger und im Zweifelsfall der Schnellere. Analog sind es die Indies, die vor den schwerfälligen Majors neue Entwicklungen aufgreifen und am Markt erfolgreich umsetzen. Etwa das englische Label Warp Records, das als eine der ersten Plattenfirmen auf individuelle Web-Präsenz setzte.

Designt wurde der Warp-Auftritt von Kleber.net. Und weil die Kleber-Inhaber, Dorian Moore und Chris McGrail, Musikliebhaber sind, haben sich immer mehr Künstler und Plattenfirmen unter ihrem Serverdach in London zusammengefunden. Klebernet hat kürzlich ein Online Shopping System entwickelt, das es kleineren Independent Labels ermöglicht, ohne grossen Kostenaufwand e-commerce zu betreiben. Der Schotte Dorian Moore (24) hat Mathematik und Philosophie studiert, ist gelernter Programmierer, ausgebildeter Macintosh-Techniker und arbeitet zudem als DI.

Mr. Moore, Warp Records war eine der ersten Plattenfirmen mit individuellem Intemetauftritt. Kleber designte die Webpage. Das ist jetzt vier Jahre her, worum ging es Ihnen damalt?

„Warp hatte schon immer eine grosse Affinität zu klarem Design für seine Musik. Diese Einfachheit war schon damals wegweisend. Die erste von uns gestaltete Webpage war http://www.warp-net.com. Sie sieht noch heute modern aus. Und ihre Einfachheit macht sie sehr schnell.“

Was macht eine Major Company anders als Warp?

„Die meisten haben ihre Rolle als Publizisten von Informationen jeder Art in diesem Medium noch nicht begriffen. Sie stellen entweder Biografien, Nachrichten, auch Angebote ins Netz. Diese Inhalte sollten „artgerecht“ miteinander korrespondieren. Ausserdem sind Majors noch sehr abhängig von ihren alten Vetriebsstrukturen, den Händlern. Online-Verkäufe haben noch keine Auswirkungen auf die Charts. Und anders als ein Indielabel haben die Majors kein individuelles Gesicht. Sie haben auch keine Ahnung, wie man geringe Mengen eines Produktes zu vielen Konsumenten transportiert.“

Woran liegt das?

„Majors sind A&R- und Marketingmaschinen. Sie sind keine Händler, wie etwa Amazon, CDnow, Boxman oder Borders.“

Die Warp-Seite präsentiert Produkte, Lifestyle, andere Angebote. Im WarpMart hingegen finden sich Labels wie Rephlex, Skam, Chocolate Industries und Breakin‘. Weshalb?

„Das sind Firmen, mit denen Warp zusammen arbeitet oder die Warp sehr schätzt.

Leute, die Warp mögen, mögen auch diese Firmen. Um online Musik zu verkaufen, braucht es keine Vertriebshändler oder Läden. Das Gefühl der Verbundenheit zu einer bestimmten Haltung ist eine viel grössere Macht. Wer Musik liebt, identifiziert sich auch mit ihr.“

Ist dies Warps Erfolgsrezept?

„Möglich. Sie verfügen aber auch über ein grosses Lager an Platten, die es in normalen Läden nicht mehr zu kaufen gibt, die aber noch verlangt werden. Ausserdem sind die Preise relativ niedrig.“

Wie erfolgreich genau ist Warp?

„Sie haben etwa 100.000 Besucher pro Monat, die ungefähr 1.300.000 Seiten ansehen.“

Was wird die Zukunft bringen?

„Schwer zu sagen. Die meisten denken noch immer, was im Netz ist, darf man kopieren. Echte Fans werden weiterhin das Produkt haben wollen. Leuten, die sich nur nebenbei für Musik interessieren, reicht eine digitale Kopie. In jedem Fall wird sich in den nächsten Jahren entscheiden, wie man überhaupt Geld damit verdienen kann, denn auch das ist selbst bei Firmen wie Amazon oder yahoo noch immer nicht klar.“