Progressive Pop-Festival ’70 in Köln


Pop-Festival in Köln. Das war 24 Stunden Musik für jeden Geschmack. Sogar die Älteren kamen bei den PFÄLZER TRACHTENJODLERN voll auf ihre Kosten. Jedoch mussten die wackeren Buam nach 10 Minuten ihr Debüt abbrechen, weil man sie mit Eiern, Tomaten und sonstigen Zutaten bewarf, was nicht unbedingt von großer Toleranz zeugt.

Zu einem Höhepunkt für die Fans wurde COLOSSEUM, als diese am Freitagabend um 23.00 Uhr die mittlerweile zum musikalischen Schlachtfeld umfunktionierte Bühne betraten. John Hiseman’s Colosseum zeigte l l /i Stunden perfektes Entertainment. Saxophonist Dick Heckstall-Smith erklomm mit seinem Instrument jazzartige und jazzverwandte Höhen und riss mit seinem intensiven Solos die Leute zu Begeisterungsstürmen hin. John Hiseman selbst beherrschte sein Schlagzeug bis ins letzte Detail. 11 Minuten dauerte sein Solo und verlor trotzdem nie an Tempo und Variation.

Nach dem Auftritt hatte ich die Möglichkeit John Hiseman zu sprechen. Er war sehr von dem Publikum eingenommen, nur so sagte er, manchmal weiss man nicht, warum die Leute klatschen. John war sehr froh in Köln auftreten zu können. Es war überhaupt der erste grosse Auftritt in Deutschland. Mitte Juni werden Sie eine Deutschland-Tournee machen. Auch Colosseum hat erkannt, dass Old Germany ein interessanter Verkaufsmarkt ist. Obwohl sie schon zweimal in Baff und Beat-Club auftraten, sind doch ihre beiden LP’s in Deutschland noch so gut wie unbekannt. In Köln vor dem halbwegs internationalen Publikum bauten sie aber diese Unkenntnis voll und ganz ab. Auf ihre nächsten Pläne befragt, sagte mir John Hiseman, dass Anfang Juli eine neue LP zu erwarten ist, de sich aber vollkommen von den beiden alten unterscheidet. Genaues wollte er nicht sagen, nur es ist ein Stück dabei, das ähnlich wie die „Valentyne sweet“ in 3 Themen aufgegliedert ist, jedoch musikalisch wird es ganz, ganz anders. Man ist und bleibt bei Colosseum progressiv. Noch dieses Jahr ‚werden sie eine grosse USA-Tournee machen und dabei wird es hoffentlich nicht bleiben, verabschiedete sich lachend John.

DEEP PURPLE gross angekündigt, enttäuschte ein bisschen. Zwar lieferte Richie Blackmore mit 2 zertrümmerten Gitarren und einem defekten Verstärker eine schön anzusehende Bühnenshow, jedoch musikalisch blieb er weit unter seinem gewohnten Niveau. „Mandoline sweet“ wurde ohne Richie gespielt, weil er nach seinem Kraftakt an den Gitarren dringend Ruhe brauchte.

Als er zurückkam, gings weiter mit Publikumsbeschimpfung nach Deep Purple-Art wie z.B. „Muss I denn …“ und „Alle meine Entchen“. Spitzenqualität erreichte die Band wieder als sie „Painted black“ spielten, doch diese alten Kamellen konnten auch nicht mehr viel retten.

Alte Kamellen brachten auch PROCOL HARUM, aber um 5.00 Uhr morgens war es den Fans ganz recht von „A salty dog“ und „Whiter shade of pale“ eingelullt zu werden.

Erwähnenswert sind auch noch EAST OF EDEN, obwohl ihnen zum Schluss der Hals abgedreht wurde (sprich: Strom).

SOFTMACHINE erinnerte mich in Köln an Pink Floyd, dem sie kräftig auf die Finger geschaut haben mussten, den Leuten gefiel es aber, also was soll’s. Zurück blieben Scherben, Haufen von Papier und manches verloren gegangene Stück Pott und ein grosses Gähnen.