Punk N‘ Roses: Slash liebt’s hart


Mit einem Haus in den Hügel von Hollywood, einer Frau, Haustieren bist du so unpunk wie es nur geht. Ausgerechnet jetzt veröffentlichen Guns N'Roses ihr legendäres Punk-Album. Gitarrist Slash verrät, warum.

ME/Sounds: Auf „The Spaghetti Incident“ spielt ihr eine Menge Punk-Coverversionen. Wie seid ausgerechnet ihr auf den Punk gekommen?

Slash: „Es ist kein Punk Album. Du kannst Nazareth nicht wirklich als eine Punk Band bezeichnen, oder? Wir haben nur ein paar Songs aufgenommen, mit denen wir groß geworden sind, von Bands, die meine Idole in den späten Siebzigern waren, und dann von der Bildfläche verschwanden. Das alles begann als Warm-Up Jams für ,Use Your Illusion‘ und entwickelte sich dann zu was ganz anderem. Das erste Mal in Ewigkeiten machte uns mal wieder was Spaß ohne irgendwelchen Druck von außen. Das ist eigentlich alles. Ich bin unglaublich sauer auf die Presse, aber wie üblich haben die Arschlöcher gar nicht bemerkt, daß die Songs, die wir raussuchten, die Psychologie hinter der Musik mehr über Guns sagt, daß die Texte mehr über uns sagen, als selbst unsre eigenen Songs. ,Ain’t It Fun‘ sind wir total. Perfekt. Und wir haben nie richtig darüber nochgedacht, bis ihr Fuckers kommt und uns Fragen stellt. Mein Haus ist für mich eine Grundlage, auf die ich nach der Tour zurückkommen kann. Ich habe echt keine Böcke mehr, nach Monaten auf der Straße die Post-Road Depressionen Im Augenblick der Landung zu bekommen. Es ist verdammt hart, nicht wieder so total fucked-up und verwirrt zu sein. Ich kann mich einfach nicht daran gewöhnen, wieder daheim zu sein.“

ME/Sounds: Kannst du dich an das erste Mal erinnern, als du diese Bands gehört hast?

Slash: „Die Pistols spielte mir irgendeine Tante (slut) vor, auf die ich mal ’ne kurze Zeit gewaltig stand. Außerdem lebte ich in LA., und British Punk war das In-Ding bei irgendwelchen Cliquen. Ich war noch in der Schule, 13 Jahre all. Die erste Punk Explosion war perfekt, weil sie wirklich was bedeutete. Aber dann wurde es sehr schnell zum Fad, und danoch brauchte es wenig Zeit, um überholt zu sein, und sich in die Metal Poser Szene zu verwandeln.“

ME/Sounds: An was kannst du dich noch in der LA Punk-Szene erinnern?

Slash: „Es war lächerlich. Punk bedeutete wirklich was – sozial und politisch. Punk war dieser riesige emotionelle Ausbruch. Dagegen gab’s in LA Bands wie The Germs, die Punk als Ausrede verwendeten, um total fertig zu sein und Mädchen ins Bett zu bekommen. Es war einfach nicht das Gleiche. Wie Punky kannst du schon sein, wenn du in LA lebst? Die einzige Band, die was taugte —- und die wir auf der Scheibe coverten -— war Fear. Die haben den anderen LA Bands gewaltig in den Arsch getreten. Ich muß es wissen, ich habe Quaaludes bei ihren Shows verkauft. Die LA Punk-Szene war genauso scheiß-lahm wie LA Metal-Szene. Und weißt du was? Guns haben sich nur gebildet, weil wir alle den gleichen Haß auf die Punk- und Metal Szene in LA hatten. Wir waren die einzigen fünf Jungs, die diese Band formen konnten, sonst gab es nichts. Wir paßten uns einfach nicht an.“

ME/Sounds: Das Charles Manson Cover ,Look At Your Game Girl‘ ist keine Masche?

Slash: „Nein, ist es nicht. Wir haben es auf dem Album vergraben.“

ME/Sounds: Vergraben hieße doch, es gar nicht aufzulegen.

Slash: „Wir wollten keine Aufmerksamkeit damit erregen. Wenn du so fukked up bist, daß du noch sieben Sekunden dasitzt, nachdem die CD vorbei ist, sollst du es auch hören! Manson schrieb den Song ja gar nicht. Soviel wir wissen, schrieb ihn Dennis Wilson, der Seach Boy. Und selbst wenn er es gewesen wäre, dann wäre der schwarze Humor hinter der Idee, daß ein solcher Psychot ein solches Liebeslied schreibt… Mensch, das ist doch echtes Enlretoinment! Du weißt, daß eine Band namens The Lemonheads schon einen Manson-Song vor uns coverte (,Your Home Is Where You’re Happy‘) und keiner beschwerte sich darüber!“

ME/Sounds: Dies ist ein Album über Leute, die wichtig für Euch sind. War Manson wichtig für Euch?

Slash: „Er ist so fucking Hollywood! Er war das Zeichen für das Ende der Sechziger Jahre. Plötzlich mußten alle aufwachen und merken, daß dieser ganze kleine Fanatsy-Glücks-Trip gar nicht stattfand. Er war der perfekte Psycha seiner Zeit. Ich kann mich noch daran erinnern, wie meine Eltern darauf reagierten — ich war damals Vier oder Fünf und erinnere mich, wie heavy das alles war in dem Kreis der Leute, die ich kannte, dieser Art von Hollywood Music Business Hippy Szene. Als dieser Song auftauchte, wußte Axl nicht mal Bescheid. Keiner von uns wußte was. Es war so eine Art Spiel ‚Wer war der Sänger?‘. Axls Bruder Stuart hatte diese 14-Song Kassette angeschleppt, und von allen Songs war das der einzige, mit dem Axl was anfangen konnte, weil er gerade durch den Scheiß mit seiner Ex-Freundin durchging. Als er endlich herausfand, von wem er war, mochte das das Ganze noch schwärzer.“

ME/Sounds: Hat sich Manson bei Euch gemeldet?

Slash: „Er hat sich beschwert, weil wir keine Erlaubnis bei ihm einhohen. So fuck him!.“

ME/Sounds: Hast du keine Angst, deine Band auf einen Verrückten aufmerksam zu machen, der gerne Stars, die ihm stinken, umlegen läßt?

Slash: „Na, eigentlich wollte ich das nicht. Ich kann das alles im Augenblick nicht so ernst nehmen — obwohl, wenn sich einige Verrückte vor meinem Haus zeigen würden …“

ME/Sounds: Was ist deine Definition von Punk?

Slash: „Punk ist Attitüde, wegbrechen von der akzeptablen Norm, dein Zeug machen, egal wieviel Hindernisse dir in den Weg gelegt werden, von Dingen zu reden, über die niemand reden sollte. Punk ist laut, reißt sich die Kleider vom Leib, all das. Punk ist soviele verschiedene Musikarten. The Who waren eine große Punkband. Gene Vincent. Sicherheitsnadeln und Frisuren und all der Scheiß sind unwichtig. Ich habe mich nie an Punk angepasst, nie meine Frisur geändert, nicht einmal meine Lieblingsdrogen. Was mir an Punk so gefiel, war, daß sich Leute ehrlich ausdrückten, individuell waren.“