Randy Newman – Bad Love


Irgendwie hat man das gar nicht mehr zu hoffen gewagt. Elf Jahre sind seit „Land Of Dreams“, Randy Newmans letztem Songwriter-Album, vergangen. Seither widmete sich der studierte Pianist und Neffe der Filmkomponisten Alfred und Lionel Newman mehr als schon zuvor der Filmmusik, fuhr für Scores und Filmsongs („Schweinchen Babe“, „Pleasantville“ und „Das große Krabbeln“) Oscar-Nominierungen ein und hinterließ 1995 mit einer Musical-Bearbeitung von „Faust“ eher ratlose Fans. Dann kam Ende ’98 die 4-CD-Anthologie Guilty: 30 Years Of Randy Newman, die Newmans Abgang vom Reprise-Label besiegelte. Und jetzt das: Bad Love. An den noch verfeinerten Arrangements mit Bläsern, Streichern und Piano zwischen Barjazz-Klimpern, Country-Mimikry, Rrrock und großem Orchester mag man hören, in welchen Gefilden der 55jährige die letzten Jahre heimisch war, ansonsten ist das einfach Randy (fast ist man ja versucht zu sagen „der gute, alte“ Randy). Randy, den sie oft einen Zyniker nannten; mag sein, aber ein Zyniker mit goldenem Herzen und einem grandiosen trockenen Humor, der hier einmal mehr aus dem Epizentrum der „Zivilisation“, LA, berichtet, die Irrungen und Wirrungen der Menschlein im allgemeinen und die der amerikanischen Psyche im besonderen aufs Korn nimmt und freundlich lächelnd seine Giftpfeile plaziert. Das kann Newman wie kein zweiter, etwa mit seinem bewährten Mittel, seine „Opfer“ sich in pointierten Monologen selbst entblößen zu lassen. Da ist der alternde Rockstar, der in dem polternden „I’m Dead (But I Don’t Know It)“ gesteht „I’ve nothing left to say, but I’m gonna say it anyway“, dem aber die Einsicht abgeht, daß es Zeit wäre, aufzuhören, während ihm der Background-Chor ein unerbittliches „You’re dead!“ um die Ohren haut – ob Mick Jagger solche Alpträume hat? Da ist der reiche alte Sack in „Shame“ der in seinem Appell an seine weggelaufene junge Freundin alle Würde fahren läßt. Ein ähnlicher Typ zieht in „The World Isn’t Fair“ Karl Marx kumpelhaft ran, und führt aus, warum der Kapitalismus einfach obsiegen mußte – wer die Kohle hat, kriegt die Frauen ab, ist halt so, Karl. Zu einem flott fanfarenden Arrangement, in dem der ganze „Hoppla, hier kommen wirl“-Chauvinismus der Kolonialherren mitweht, besingt Newman „The Great Nations Of Europe in the 16th Century“ und ihre Spur der Verwüstung durch die neue Welt („’scuse me, Great Nations Coming through“, werden die Wilden weggedrängelt) als ewiggültige Analogie auf tumbes Herrschaftsgetue. Newman hält persönliche Expertisen in Liebesdingen („The One You Love“, „Better Off Dead“) bereit. Und singt zwei wunderschöne (Verlorene-)Liebeslieder („Every Time It Rains“, „I Miss You“). Witz, catchy Songs und Tiefgang – das sind ja gleich drei Wünsche auf einmal. Randy Newman erfüllt sie immer noch. Ein ausgesprochenes Vergnügen, diese Platte. Dank’schön.