Randy Newman – Little Criminals


Darüber, daß er schließlich doch noch einen Single-Hit gelandet hatte, lachte sich Randy Newman wahrscheinlich ins Fäustchen. Weniger große Zeitgenossen dagegen konnten überhaupt nicht darüber lachen, wie er „Short People“ mit Hohn und Spott übergoß. Klar, die breite Masse, die die hypergalligen Verse des verschrobenen Songwriters aus Los Angeles noch nicht kannte, mußte den verkürzten, pointierten Stil des US-Zynikers natürlich mißverstehen. „Little Criminals“ hatte aber noch mehr zu bieten. Niemand außer Randy Newman ist wohl in der Lage, die Psyche eines deutschen Kindermörders („In Germany Before The War“) in so kurze, grausam präzise Worte zu fassen. Niemand versteht es so, die Harmonik von Gustav Mahler und Rag-Time-Akkorde für Miniaturen wie „Texas Girl At The Funeral Of Her Father“ zu verformen und nebenbei noch klassisch schlanke, traurige Songs wie „Baltimore“ zu schreiben. Randy Newmans Kenntnis der amerikanischen Seele und der amerikanischen Musik ermöglichten es ihm schon auf den Alben „Sail Away“ und „Good Old Boys“ abwechselnd böse und tröstend zu sein. Bei „Little Criminals“ gelang es ihm mit virtuoser Gleichzeitigkeit, unter immer wieder wechselnden Vorzeichen. Und die Aufregung über „Little Criminals“ enttarnte gleichzeitig eine träge, sozialpädagogische Geisteshaltung, die Schwaches am liebsten immer schwach halten will, um selber stark zu bleiben. Mitleid ist immer noch die subtilste Form der Verachtung. Auch das wußten wir nach „Little Criminals“ genauer.