Annie Lennox – Bare
Pop: 13 Jahre nach ihrem ersten Soloalbum Diva präsentiert die Sängerin der Eurythmics ein Werk voller Schmerz.
Man kennt das ja inzwischen. Eine Hand voll Musikjournalisten sitzt im Büro des Labels rum und hört sich unter Aufsicht das neue Album von – zum Beispiel – Madonna an. Im Mediensprech nennt man das eine „Listening Session“. Der tiefere Sinn dahinter: Die Journaille bekommt vorab einen Eindruck des Werks, und trotzdem besteht keine Gefahr, dass auch nur ein Ton unbefugt ins Internet wandert. Im Fall von Annie Lennox war es etwas anders. Erst wartete man eine Stunde lang, dass überhaupt etwas passierte, dann sprach Deutschlands bester Plattenonkel-Darsteller Thomas M. Stein über das neue Album von Annie Lennox, um wenig später Veronica Ferres auf die Bühne zu bitten. Die trug dann vor jedem Song die Gedanken der Künstlerin vor. Sie finden das jetzt ein bisschen seltsam? War es auch, Frau Ferres las erst das Info zur Platte vor, dann Sätze wie: „Ein Freund von mir pflegte zu sagen, dass ich ein Glas immer als halb leer ansah statt als halb voll. Er hatte Recht. So ist es immer noch.“ Dann endlich das erste Lied: „1000 Beautiful Things“. Man hätte sich gerne darauf konzentriert. Aber irgendwie wollte das nicht so recht gelingen. Auf der Bühne langweilte sich die Ferres, im Hintergrund froren die Mädels vom Studentenservice (man hatte sie – notdürftig bekleidet – passend zum Album-Cover mit weißer Körperfarbe bepinselt), durch den Saal flimmerte der Titel des Songs, auf der Leinwand hinter der Bühne buhlte eine Dia-Show um Aufmerksamkeit. Was sich sagen lässt: Bare ist eine todtraurige Angelegenheit. Fast ausnahmslos geht es um die gescheiterte Beziehung von Annie Lennox zu ihrem Ehemann Uri Fruchtmann. Songtitel wie „Bitter Pill“, „Loneliness“, „Erased“ oder „The Saddest Song“ sprechen für sich. Es überrascht, dass sich eine nach außen oft so beherrschte Künstlerin wie Annie Lennox so ihrem Schmerz hingibt, so intensive Erfahrungen mit ihrem Publikum teilt. Schade nur, dass ihre Plattenfirma nicht in der Lage war, das angemessen zu vermitteln.
>>> www.annie-lennox.com
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